Unter „Resilienz“ versteht man die Fähigkeit des Menschen, Belastungen und schwierigen Lebenssituationen standzuhalten und manchmal sogar noch an ihnen zu wachsen. Bei Kindern verhält es sich dabei ungefähr wie mit einem Schnupfen: Während manchen Kindern beim leisesten Wind sofort die Nase läuft, erkälten sich andere nur selten. Wir sagen: „Sie sind abgehärtet.“ Ihr Immunsystem kann die Angriffe auf den Körper erfolgreich abwehren. Genau wie der Körper, ist auch die Seele Risiken ausgesetzt. Statt Viren und Bakterien wird sie beispielsweise durch Misserfolge, Notsituationen oder Unglücksfälle angegriffen. Auch hier gibt es Kinder, die einem belastenden Ereignis, wie zum Beispiel einem Streit, schnell hilflos gegenüberstehen. Andere hingegen „haut so leicht nichts um“. Sie sind in der Lage, kritische Erfahrungen zu meistern ohne Schaden zu nehmen. Diese psychische Widerstandsfähigkeit nennen Wissenschaftler Resilienz. Vereinfacht gesagt ist Resilienz also das Immunsystem der Seele.
Wie es Eltern möglich ist, die Widerstandsfähigkeit ihrer Kinder zu stärken bzw. aus welchen „Kraftquellen“ sie dabei schöpfen können, erfahren Sie in den folgenden Beiträgen.
Expert(inn)enstimmen
Eva Dreher
Univ.-Prof. Dr. Eva Dreher
Univ.-Prof. an der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien, Linz und Berlin;
Lehr- und Forschungstätigkeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München bis 2010; Gastprofessuren an Universitäten in Gießen, Saarbrücken, Graz und Wien; Systemische Familientherapeutin; Mitglied der Sachverständigenkommission für den 6. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich
Erziehungskompetenz von Eltern als Entwicklungsressource
Boglarka Hadinger
Dr. Boglarka Hadinger
Leiterin des Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse Tübingen / Wien; Dozentin an der Sigmund-Freud-Universität Wien und an der Pädagogischen Hochschule Kärnten; Psychologin und Coach für Persönlichkeitsstärkung; Viktor-Frankl-Preisträgerin. Die von ihr entwickelte Logotherapeutische Persönlichkeitsbildung wird in Schulen, Universitäten, im Management und im Bereich der Lebensberatung eingesetzt.
www.logotherapie.net
Mut, Selbstwertgefühl und Resilienz brauchen Kraft. Was sind ihre wichtigsten Kraftquellen?
Werner Leixnering
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeut
Langjährige Tätigkeit als Ass.Prof. an der Universität Wien (AKH)
Von 2001 bis 2013 Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg, Linz
Derzeit tätig im Ambulatorium für Kinder- und Jugendpsychiatrie von SOS-Kinderdorf Wien
Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen - ein Thema der Resilienz
Weitere Schwerpunktthemen

Typisch männlich oder weiblich?
Mädchen und Buben werden meist von Geburt an unterschiedlich behandelt – dies geht von der unterschiedlichen Förderung in Bezug auf fein- oder grobmotorische Spielangebote über die Auswahl der Kleidung bis hin zum Anbieten von Freizeitmöglichkeiten. Es scheint keinen Bereich im Leben eines Kindes zu geben, bei dem die Frage „Ist es für einen Bub oder ein Mädchen?“ irrelevant ist. Bereits Dreijährigen werden durch das geschlechtsspezifisch eingeschränkte Angebot immense Erfahrungswerte genommen, dabei entgehen den Kindern wichtige und grundlegende Erkenntnisse, Routinen, Eindrücke und Selbstwahrnehmungen. So werden Mädchen und Buben im Laufe ihrer Kindheit gewisse Eigenschaften antrainiert und Geschlechtsunterschiede „anerzogen“, was sich auf den gesamten weiteren Lebensweg, u.a. auch auf die Bildungs- und Berufswahl, auswirken kann. Die geschlechtssensible Förderung der Kinder von Anfang an bietet enorme Chancen und Möglichkeiten. Schon allein die richtige Auswahl von geschlechtsneutralen Bilder- und Kinderbüchern kann dazu beitragen, dass verstaubte Rollenbilder nicht immer reproduziert werden.

Von der Überbehütung zum Loslassen
Was Kinder in der Erziehung wirklich brauchen, um selbständig und eigenverantwortlich in die Welt zu gehen, sind die Fähigkeiten, sich selber wahrzunehmen, sich ernst zu nehmen, sich selber zu verstehen und sich als selbst wirksam und kompetent für Handlungen zu erleben. Die Botschaften, die Kinder verinnerlichen sollten, sind also: „Ich kann es. Ich schaffe etwas. Ich bin kompetent und kann etwas bewirken.“ Dafür brauchen Kinder viele Übungsmöglichkeiten von klein auf unter den liebevollen und schützenden Blicken von Erwachsenen, die mit ihnen in guten und sicheren Beziehungen stehen.

Konflikte
Konflikte sind ein Teil der menschlichen Kommunikation und Interaktion. Sie entstehen überall dort, wo Menschen aufeinander treffen und sind ein wichtiger Teil des sozialen Miteinanders. Bei Kindern passieren sie oft blitzschnell und manchmal ist der Grund des Konfliktes auf den ersten Blick nicht sicht- und erklärbar. Daher ist es sehr schwierig für Eltern in der Situation bzw. schon vorher passend zu reagieren. Soll man eingreifen oder doch noch abwarten?
Egal ob Streit zwischen Geschwistern, Probleme in der Eltern-Kind-Beziehung oder Streitereien mit Freunden bis hin zum Mobbing – Konflikte gehören zum Alltag von Kindern und Jugendlichen einfach dazu. Eltern können diese Situationen nützen um ihre eigene Konfliktkompetenz weiter zu entwickeln und ihre Kinder bei der Kompromissfähigkeit zu fördern.