Kinder mit Hörbeeinträchtigung können heute uneingeschränkt ihren Lebensweg gehen und gleichberechtigt an unserer Gesellschaft teilhaben, wenn man ihnen frühzeitig adäquate Förderung und maßgeschneiderte Hilfe anbietet. Für den familiären und auch den gesellschaftlichen Umgang mit einem hörbehinderten Kind macht es einen großen Unterschied, ob das Defizit im Vordergrund steht oder aber der Respekt vor dem „Anderen“. Gut ist es, die „unsichtbare“ Sinnesbehinderung in der Familie und im Umfeld des Kindes offen zu besprechen, anzunehmen und zu leben. Die Sprache der Gehörlosengemeinschaft, die Gebärdensprache, ist dabei ein wesentliches Kommunikationsmittel.
In den vergangenen 40 Jahren haben sich für Gehörlose jedoch zusätzlich neue Welten eröffnet. Wo früher noch die Gebärdensprache im Mittelpunkt stand, können sich Eltern dafür entscheiden, ihren gehörlos geborenen Kindern mit einem Cochlea Implantat das Hören zu schenken. Anderen Kindern mit Hörproblemen kann schon ein konventionelles Hörgerät oder eine andere Art eines Hörimplantats helfen. Früh versorgte Kinder, die keine weiteren Beeinträchtigungen aufweisen, können damit in der Regel schon vor Schuleintritt altersadäquat sprechen und verstehen – und somit die soziale, kognitive und schulische Entwicklung durchlaufen, ganz wie normalhörende Kinder.
Expert(inn)enstimmen
Gabi Zemann
Als Landesverbandsleiterin des Steirischen Landesverbandes der Gehörlosenvereine im ÖGLB, 1. Vizepräsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes (ÖGLB), Teil des Monitoring Ausschusses Steiermarks und Mitbegründerin der UMB Lebenswert – der Union Menschen mit Behinderung Lebenswert –, setzt sich Gabi Zemann für die Anliegen und Bedürfnisse von hörbeeinträchtigten Menschen ein.
Sie ist Gebärdensprachkursleiterin, Projektleiterin und Trainerin für ECDL-Kurse (Computerführerschein) in Gebärdensprache, Vortragende im Rahmen von Sensibilisierungsmaßnahmen und unterstützt hörgeschädigte Menschen bei verschiedensten Anliegen (technische Hilfsmittel, Dolmetschkostenübernahme, etc.)
Gehörlos und nicht taubstumm!
Stimmt, ich kann nicht hören, aber deshalb bin ich nicht stumm. Ich bin seit meiner Geburt gehörlos so wie meine Eltern auch. Der Rest meiner Verwandtschaft ist hörend. Ich trage ein Hörgerät, mit dem höre ich ein bisschen.
Verena Krausneker
Verena Krausneker, geb. 1973, ist promovierte Sprachwissenschafterin an der Universität Wien. Der Fokus ihrer Arbeit sind Gebärdensprachen. 2014 – 2016 leitete sie ein europäisches Projekt zu Gebärdensprachen in der Schulbildung: www.univie.ac.at/designbilingual. Sie war 7 Jahre ehrenamtlich als Expertin für die World Federation of the Deaf tätig. Krausneker ist Mitbegründerin des Feldenkrais Institut Wien.
Normal sein dürfen – Kinder mit Hörbehinderungen
Ich bespreche Gehörlosigkeit in diesem Text vorrangig als kulturelles und linguistisches Phänomen mit Auswirkungen auf (Gruppen-)Identitäten.
Wolf-Dieter Baumgartner
Medizinische Universität Wien, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
Karolinska Universität Stockholm, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
Gastprofessor, HNO Univ. Klinik Brünn
Experte des hearring-Netzwerks
Kammerrat der Ärztekammer Wien
Gehörlos und doch mitreden
Hörprobleme sieht man nicht mit freiem Auge. Wenn wir betroffenen Kindern früh helfen, ihre Stärken und Möglichkeiten zu nützen, können sie mitreden und am Leben teilhaben wie alle Kinder.
Marion Kovacs
Geschäftsführerin und Mitgründerin von gebärdenraum Libelle, Schriftführerin des Steirischen Landesverbands, Gebärdensprachkursleiterin,
Vortragende bzgl. verschiedenste Themen, Peer-Beraterin
Das Zusammenleben von gehörlosen Eltern und hörenden Kindern
Ich bin als gehörloses Kind in einer hörenden Familie aufgewachsen und kenne die hörende Welt gut. Mein Mann und ich sind gehörlos und haben hörende Kinder. Unsere Familiensituation ist also genau umgekehrt.
Elternstimmen
Kathrin Baumgartner
Jahrgang 1975, mit angeborener hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit, wurde erst im Alter von 2,5 Jahren mit Hörgeräten versorgt und begann mit 3 Jahren zu sprechen. Nach Absolvierung einer kaufmännischen Schule ging sie für ein Jahr in die USA als Aupair. Verheiratet und Mutter von 3 Kindern (eines davon ist hörbehindert), arbeitet in einer Bank und ist derzeit in Karenz. Jetzt tritt sie in Saskias Fußstapfen, und bekam im September 2016 bilaterale Cochlea Implantate.
Die Diagnose: Hörkurve ist nicht ableitbar.
Zuerst bestand Verdacht auf Fruchtwasser im Ohr, mit 3 Monaten gab es nun die endgültige Gewissheit, dass bei unserer Tochter die Hörkurve nicht ableitbar war.