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Woher unser Urvertrauen kommt

von Prof. Dr. Stefanie Höhl

Elternbildung
Elternbildung
Elternbildung

Nach der Geburt ist für das Baby plötzlich alles anders: Die Welt ist viel heller, lauter und kälter als bis eben noch im Mutterleib. Doch ein paar Dinge sind vertraut; die Stimme der Mutter zum Beispiel, und ihr Herzschlag, wenn sie das Neugeborene auf ihre Brust legt. Diese Geräusche waren schon im Bauch für das Baby präsent. Im letzten Schwangerschaftsdrittel können Feten schon hören und die Stimme der Mutter ist im Uterus besonders gut hörbar. Sehr bald wird auch der Geruch der Mutter für das Baby vertraut sein und es dauert nur wenige Stunden bis es das Gesicht der Mutter mit ihrer Stimme verknüpft. Dann wird es ihr Gesicht lieber anschauen als das Gesicht einer anderen Frau. Von dieser ersten Vertrautheit ausgehend, entwickelt sich in den ersten Monaten und Jahren nach der Geburt ein fundamentales Vertrauen in andere Menschen und in die Welt, das Urvertrauen.

Menschenbabys kommen, im Vergleich zu anderen Säugetieren, sehr hilflos zur Welt. Sie sind darauf angewiesen, verlässliche Bezugspersonen zu haben, beispielsweise die Mutter, die sich um sie kümmern und sicherstellen, dass ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Dazu gehören Hunger, Schlaf, aber auch Wärme und Beruhigung. Babys haben anfangs noch keine Möglichkeiten, sich selbst zu beruhigen, wenn sie beispielsweise müde sind oder Bauchschmerzen haben. In den ersten Monaten kann man daher ein Kind nicht „verwöhnen“, wie es früher manchmal angenommen wurde. Babys brauchen mindestens eine, gerne auch mehrere, verlässliche und sensible Bezugspersonen. Sie müssen die Erfahrung machen, dass auf ihre Bedürfnisse angemessen reagiert wird, damit die Welt für sie zu einem sicheren Ort wird und sie eine sichere Bindung zu anderen Menschen aufbauen können. Dann werden sie zwar immer noch gelegentlich Unwohlsein oder Schmerz empfinden, denn das gehört zum Leben, aber sie wissen, da ist jemand, der das wieder in Ordnung bringt.

Dabei ist ganz normal, dass es gerade jungen Eltern zu Beginn schwerfällt, aus den Signalen ihres Babys zu lesen, was genau ihm gerade fehlt. Ist das Baby nun müde oder gelangweilt? Braucht es mehr oder weniger Stimulation? Oder drückt nur der Bauch? Erst einmal ist wichtig, dem Baby zu signalisieren, das jemand für es da ist. Durch vorsichtiges und sensibles Ausprobieren und vor allem intuitives Vorgehen bekommen Eltern in aller Regel bald ein gutes Gefühl dafür, was ihr Baby gerade braucht. Gleichzeitig gelingt es auch dem Baby mit der Zeit immer besser, die eigenen Bedürfnisse gezielter zu kommunizieren. So werden Baby und Bezugsperson füreinander immer besser verstehbar. Sie stimmen sich aufeinander ein. Unsere aktuelle Forschung zeigt, dass Mütter und ihre Babys sogar ihre Herzrhythmen und Gehirnaktivitäten aufeinander abstimmen, wenn sie miteinander spielen. Dies gelingt besonders gut, wenn sie sich direkt miteinander beschäftigen und weniger, wenn sie nur gemeinsam etwas auf einem Bildschirm anschauen.

Eine sensible Bezugsperson wird im Laufe der Zeit zunehmend besser feststellen, in welchen Situationen es dem Baby bereits gelingt, sich selbst wieder zu beruhigen. Im Idealfall findet ein langsamer Übergang statt von der kompletten Abhängigkeit und Ko-Regulation durch die Bezugsperson, hin zu einer zunehmenden Selbstständigkeit und Selbst-Regulation des Kindes. Dieser Prozess vollzieht sich über die gesamte frühe Kindheit. Auch als Erwachsene sind wir zuweilen noch froh, von unseren Eltern Unterstützung und Trost zu bekommen. Wir sind aber nicht mehr völlig auf sie angewiesen, wie in der frühen Kindheit.

Wichtig für den Aufbau einer sicheren Bindungsbeziehung ist die Verlässlichkeit der Bezugsperson. Da Babys wenige eigene Handlungsmöglichkeiten haben, können sie ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle nur dadurch gewinnen, dass sie zumindest wissen, was als nächstes passieren wird. Solange sie sich darauf verlassen können, dass eine vertraute Person da ist und sich um sie kümmert, ist alles gut. Im Alltag kann man Babys dabei helfen sich sicher und geborgen zu fühlen, indem man den Tagesablauf strukturiert und Rituale einbaut. Dem Kind gelingt es dann zunehmend besser schon vorherzusagen, was als nächstes auf dem Programm steht. Beispielsweise kann abends vor dem Schlafengehen ein vertrautes Schlaflied und Kuscheltier dem Kind helfen sich zu orientieren und zu wissen, dass jetzt gleich das Licht ausgehen wird. Dann kann es sich darauf einstellen und wird nicht überrascht sein, sich plötzlich in einem dunklen, ruhigen Raum wiederzufinden.

Von der sicheren Basis der Bezugsperson ausgehend, kann das Kind die Welt entdecken und erobern! Ein sicher gebundenes Kind weiß, dass die Bezugsperson auch später noch da ist, wenn es sich auf dem Spielplatz ausgetobt hat. Die Bindungsforschung zeigt, dass sicher gebundene Kinder auch in einer völlig neuen Situation unbekümmert den Raum erkunden und Spielzeuge ausprobieren, solange die Bezugsperson dabeibleibt. Ein unsicher gebundenes Kind bleibt in dieser Situation dagegen nah bei der Bezugsperson und traut sich weniger von ihr weg. Dadurch kann es weniger frei und unbedarft Neues entdecken. Besonders im Übergang zu einer Betreuung außer Haus ist daher ein behutsames Vorgehen enorm wichtig. Die Bezugsperson sollte so lange dabei bleiben bis es dem Kind gelungen ist, eine neue Bindung und Vertrauen zur neuen Betreuungsperson, beispielsweise der Tagesmutter, aufzubauen. Erst dann kann die Bezugsperson zunächst kurz gehen und schließlich immer länger das Kind in der neuen, nun aber ebenfalls vertrauten Umgebung lassen.

Unsere frühen Bindungserfahrungen legen den Grundstein für unser Vertrauen in die Welt und in andere Menschen. Kinder, denen eine verlässliche Bezugsperson fehlt, haben es später schwerer, sichere Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen, auch wenn das dann glücklicherweise nicht unmöglich ist. Durch liebevolle und sensible Zuwendung in den ersten Lebensjahren machen Kinder die wichtige Erfahrung, dass die Welt im Großen und Ganzen ein sicherer Ort ist, an dem man in der Regel schon weiß, was als nächstes passieren wird, so dass man sich darauf einstellen kann. Von dieser Erfahrung ausgehend, können Kinder zunehmend selbständig die Welt entdecken, neue Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und auch Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten gewinnen.


KommentareElternbildung

Barbara

Der Artikel ist wunderbar und eine liebevolle Geborgenheit ist der beste Start ins Leben. Kinder sind einfach großartig und liebenswert.


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