Der Begriff Mobbing wird heute für vieles verwendet, das vielleicht nur ein Streit, eine Beschimpfung oder eine Rauferei ist. Die Abgrenzung zwischen einer Gewalthandlung, einem Streit und Mobbing fällt schwer, denn ein Schupfen oder Verspotten kann einmalig oder aber Teil eines Mobbinggeschehens sein.
Was ist Mobbing?
Der Begriff Mobbing wird heute für vieles verwendet, das vielleicht nur ein Streit, eine Beschimpfung oder eine Rauferei ist. Die Abgrenzung zwischen einer Gewalthandlung, einem Streit und Mobbing fällt schwer, denn ein Schupfen oder Verspotten kann einmalig oder aber Teil eines Mobbinggeschehens sein.
Es gibt jedoch Merkmale, die Mobbing klar anzeigen:
- wenn ein Kind von jemandem (oder mehreren) aus der Gruppe, der es angehört, immer wieder und über einen längeren Zeitraum systematisch durch schikanöse Handlungen herabgewürdigt wird
- wenn immer mehr aus der Gruppe diese Schikanen gut finden
- wenn das Kind durch diese Schikanen langsam aber sicher aus der Gruppe gedrängt wird und Schaden nimmt
- wenn das Kind alleine nicht mehr aus dieser Situation herauskommt
Die feindseligen Angriffe können vielfältig sein, einmal sind sie gegen den Körper des Kindes gerichtet (schlagen, jagen, den Weg versperren, …), ein anderes Mal gegen dessen Eigentum (Stifte, Bücher und anderes verstecken oder beschädigen, Geld wegnehmen, …). Manchmal wird das Kind mit Worten (lächerlich machen, einschüchtern, erpressen, Gerüchte verbreiten, …) und manchmal wortlos (Augenrollen, den Vogel zeigen, nachäffen, wie Luft behandeln, …) in seiner Würde angegriffen. Auch das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten für Handlungen, die in ihrer Summe Mobbing sein können, wie z.B. Hassgruppen gründen, Beleidigungen senden, aus Gruppen ausschließen oder die Identität stehlen.
Jede einzelne Handlung ist an sich jedenfalls Gewalt, in der Summe werden die einzelnen Gewalt-Handlungen zu Mobbing, wenn sie mit dem Ziel getätigt werden, das Kind, gegen die sie gerichtet sind, aus der Gruppe zu drängen und zu schädigen.
Was steckt dahinter?
Eine/r (oder mehrere) aus der Gruppe möchte/n Macht und Ansehen gewinnen. Das ist an sich noch nichts Schlimmes, denn überall dort, wo Menschen in Beziehung sind, geht es auch um Macht. Im Fall von Mobbing werden Macht und Ansehen aber nicht durch positives, sondern durch aggressives Verhalten zu erlangen versucht, durch wiederholtes und systematisches Schikanieren eines Kindes aus der Gruppe.
Mit den Attacken wollen die Mobber/innen gesehen werden und rufen eine Reaktion der anderen in der Gruppe und auch der für sie Verantwortlichen (Lehrer/innen, Trainer/innen, Erzieher/innen, …) hervor. Diese Reaktion entscheidet, ob Mobbing erfolgreich ist, also für die Mobber/innen zu mehr Anerkennung und Macht in der Gruppe führt oder nicht. Wenn der Beifall ausbleibt oder sogar eine klare Position gegen Mobbing eingenommen wird, hört Mobbing schnell wieder auf. Manchmal geht die Dynamik in der Gruppe aber in eine andere Richtung.
Wie entwickelt sich Mobbing?
Wo Menschen zusammen sind, bleiben Konflikte nicht aus. Konflikte gehören zum Leben und zum Miteinander. Wenn aber das Wissen fehlt, wie Konflikte gelöst werden können und wie man mit erlebter Ungerechtigkeit und Verletzung umgeht, dann nehmen Verunsicherung, Aggression und auch Angst innerhalb der Gruppe zu. In einem solchen Klima kann sich Mobbing gut entwickeln. Die Suche nach einem Kind, das erfolgreich gemobbt werden kann, kann relativ unbemerkt beginnen. Es ist außerdem auch aufgrund des schlechten Klimas grundsätzlich mit weniger Unterstützung für einzelne durch andere Kinder zu rechnen. Die Angriffe gegen das eine Kind beginnen zunächst eher zaghaft und im Verborgenen.
Mit der Zeit werden die Angriffe mehr und auch öffentlicher. Einzelne Kinder finden die Attacken gut und auch gerechtfertigt, andere beziehen Stellung gegen die Mobber/innen, andere mischen sich lieber nicht ein und beteiligen sich weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Doch mit der Zeit verlieren die Kinder in der Gruppe immer mehr die Sicherheit, was tatsächlich richtig und falsch ist, und übernehmen zunehmend die Ansichten der Mobber/innen, nämlich, dass dieses eine Kind zu Recht schikaniert und aus der Gruppe gedrängt wird. Immer mehr wenden sich von dem einen Kind ab und nehmen entweder eine (vermeintlich) neutrale Position ein oder schließen sich der Gruppe von Kindern an, die das Mobbing zumindest durch ihre Zustimmung unterstützen. An dieser Entwicklung kann man gut erkennen, wie sehr die Mobber/innen Einfluss gewonnen haben, die Normen in der Gruppe, also die stille Übereinkunft darüber, welches Verhalten akzeptiert ist und welches nicht, zu verändern.
Das gemobbte Kind ist letztlich so gut wie ganz auf sich gestellt, verliert Selbstvertrauen und wehrt sich immer seltener gegen die Angriffe. Aufgrund seiner Unsicherheit sind seine Reaktionen öfter unangemessen und auffällig, wodurch sich die Mobber/innen in ihrem Tun aber bestärkt fühlen und weitermachen, während das gemobbte Kind immer hilfloser wird und schließlich aufgibt. Es folgen unter anderem Fehlleistungen, Fehlzeiten, psychosomatische Erkrankungen, ein gestörtes Selbstbewusstsein und mit weiterem Verlauf Depression, Persönlichkeitsstörung, ….
Wer macht mit?
Mobbing erfasst Schritt für Schritt die gesamte Gruppe. Es geht von einigen wenigen aus, nämlich den Mobber/innen und denen, die das Mobbing direkt oder indirekt unterstützen, und bringt langsam aber sicher alle in der Gruppe in eine gewisse Position. Das gemobbte Kind wird zum Opfer, seine Freundinnen und Freunde und andere Couragierte zu Verteidigerinnen/Verteidigern, die mit der Zeit aber weniger werden, und ein Teil der Gruppe wird zu Außenstehenden, die nichts damit zu tun haben wollen, aber dennoch auf das Mobbinggeschehen einwirken.
Wer wird Opfer?
Dass ein Kind das Ziel von Mobbinghandlungen wird, hat weniger mit dem Kind selbst, seinem Äußeren, seiner Persönlichkeit oder Leistung zu tun, sondern mehr mit denjenigen, von denen das Mobbing ausgeht. Sie bestimmen, wie man zu sein hat, was passt und was nicht. Egal wie man das gemobbte Kind ist oder reagiert, es ist oder reagiert verkehrt, weil die Mobber/innen das so behaupten. Sie haben mit dem Verlauf des Mobbings von der Gruppe ausreichend Macht bekommen zu bestimmen, was gut und richtig ist. Ob das direkt von Mobbing betroffene Kind nun sportlich ist oder nicht, eifrig oder inaktiv, laut oder leise, gut in der Schule, mittelmäßig oder weniger gut, schüchtern oder aggressiv, es spielt keine Rolle. Denn im Grunde geht es ja nicht um das Kind, das gemobbt wird, sondern um die Möglichkeit durch das Mobbing mehr Macht und Ansehen zu gewinnen.
Warum ist Mobbing so schlimm?
Für die Betroffenen bedeutet Mobbing permanenten Stress. Wer gemobbt wird, hat jeden Tag Angst vor einem neuen Angriff, kann sich nie sicher fühlen, nie entspannen. Dieser Dauerstress wirkt sich natürlich auf Körper, Seele und Geist aus. Das Selbstvertrauen schwindet, körperliche Beschwerden zeigen sich, die Konzentrationsfähigkeit sinkt, Potentiale können nicht mehr abgerufen werden, die Beziehungsfähigkeit wird beeinträchtigt, …. Gewisse Mobbing-Folgen bleiben bis ins Erwachsenenalter.
Auch für die anderen Mitglieder der Gruppe ist Mobbing, wenn es nicht beendet und bearbeitet wird, schädlich. In einem Regime aus Angst und Schrecken (Wer ist die/der Nächste?) kann sich niemand entfalten. Mobbing hat Auswirkungen auf das Gruppenklima, das Sozialverhalten und die Leistung, Empathie und Zivilcourage werden verlernt und die Fähigkeit einander zu vertrauen sinkt. Aber auch für Mobber/innen zeigen sich negative Folgen: sie erlernen ein problematisches Fehlverhalten, erfahren keine Grenze und verlieren dadurch ihren gesunden Entwicklungsrahmen.
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