Dieser Text soll einen kurzen Überblick über die aktuelle Rechtslage für Regenbogenfamilien in Österreich geben, insbesondere zu Fragen der Elternschaft sowie der Eingetragenen Partnerschaft und/oder Ehe.
Elternschaft durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung
Seit 2015 stehen die Möglichkeiten medizinisch unterstützter Fortpflanzung in Österreich auch lesbischen sowie bisexuellen Frauen, sofern sie in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben, offen. Die Frauen müssen, um auf diesem Weg eine Familie gründen zu können, nicht eingetragene Partnerinnen oder verheiratet sein; es genügt eine aufrechte Lebensgemeinschaft. Für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung bedarf es unter anderem eines gültigen Notariatsaktes zwischen dem Paar.
Die „klassischste“ Form der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ist die sogenannte heterogene Insemination, bei der mithilfe von Spendersamen bei einer der Frauen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird. Bei manchen Frauen gestaltet sich die Herbeiführung einer Schwangerschaft auf diesem Weg aufgrund medizinischer Probleme als schwierig. Ist das der Fall kann unter Umständen eine Schwangerschaft durch In-Vitro-Fertilisation erreicht werden. Eine wesentliche Rechtsfolge der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ist die „automatische“ Elternschaft der Partnerin. Sie gilt gesetzlich dann als zweiter Elternteil, wenn sie mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft (ab 2019 auch Ehe) verbunden ist, oder die Elternschaft anerkannt hat oder gerichtlich als zweiter Elternteil festgestellt wurde. Somit kann die Frau, die das Kind nicht austrägt, dennoch umgehend nach der Geburt als zweiter Elternteil in die Geburtsurkunde eingetragen werden. Sie muss das Kind nicht erst adoptieren. Ihre Rechtsposition ist ident mit der eines leiblichen Vaters.
Die gemeinsame Obsorge besteht nur im Fall einer eingetragenen Partnerschaft oder Ehe. Im Fall einer Lebensgemeinschaft kommt die Obsorge zunächst der biologischen Mutter alleine zu. Die gemeinsame Obsorge kann aber durch eine gemeinsame Erklärung gegenüber dem Standesamt oder vor dem Bezirksgericht vereinbart werden.
Elternschaft durch Stiefkindadoption
Die Stiefkindadoption ist dann von Bedeutung, wenn keine medizinisch unterstützte Fortpflanzung erfolgt ist bzw möglich war und daher die „automatische Elternschaft“ nicht offen steht. In diesem Fall muss das leibliche Kinder des_der Partners_in erst adoptiert werden, um rechtlich als zweiter Elternteil zu gelten. Die eingetragene Partnerschaft oder Ehe sind dafür nicht Voraussetzung. Relevant ist vielmehr, dass die Adoption dem Kindeswohl entspricht und die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen, wie etwa das Mindestalter des Wahlelternteiles (Vollendung des 25. Lebensjahres), erfüllt sind. Die Stiefkindadoption erfordert eine vertragliche Vereinbarung und deren Genehmigung durch das zuständige Bezirksgericht.
Der Weg über die Stiefkindadoption kann für binationale Paare selbst im Fall der medizinisch unterstützten Fortpflanzung notwendig werden, wenn nicht ausschließlich österreichisches Recht zur Anwendung kommt.Da die Stiefkindadoption grundsätzlich dieselben Rechtsfolgen wie die eheliche Geburt eines Kindes hat, sollte mit Bewilligung der Adoption auch die gemeinsame Obsorge bestehen. Um sicherzugehen, könnte dennoch eine gemeinsame Erklärung gegenüber dem Standesamt oder dem Bezirksgericht erfolgen.
Fremdkindadoption und Pflegeelternschaft
Die Fremdkindadoption steht gleichgeschlechtlichen Paaren in Österreich offen, ist jedoch oft ein mühsames Unterfangen: die Wartelisten sind sehr lang, es bedarf zahlreicher Evaluierungen (wie z.B. die erfolgreiche Absolvierung eines Adoptivelternkurses) und Behördenwege.
Eine einfachere Alternative, dennoch eine Familie zu gründen, ist die Pflegeelternschaft. In diesem Fall bleiben die leiblichen Eltern jedoch auch rechtliche Eltern, lediglich Pflege und Erziehung werden den Pflegeeltern übertragen. Pflegekinder können auch wieder zu ihren leiblichen Eltern zurückgeführt werden, wenn sich deren Situation verbessert hat und das dem Kindeswohl entspricht.
Kinderbetreuungsgeld
Die gesetzlichen Bestimmungen gelten grundsätzlich für alle gleich, auch für Regenbogenfamilien. Es gibt jedoch Nachteile, wenn beide Partnerinnen knapp nacheinander Kinder bekommen, da der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für das erstgeborene Kind spätestens mit Geburt des weiteren Kindes bzw. der Adoption (In-Pflege-Nahme) eines jüngeren Kindes endet.
Ehe für Alle und eingetragene Partnerschaft für Alle
Im Dezember letzten Jahres hat der Verfassungsgerichtshof das Eheverbot für homosexuelle Paare aufgehoben. Die diskriminierenden Bestimmungen gelten nur noch bis 31.12.2018. Somit stehen ab 1.1.2019 (bis zu einer allfälligen anderen gesetzlichen Regelung) sowohl die Ehe als auch die eingetragene Partnerschaft allen gleichermaßen offen.
Autorinnen: Doris Einwallner, Elisabeth Salzer
Stephan Auer-Stüger
39, ist Pflegevater von 2 Kindern und lebt mit seinem Mann in einer eingetragenen Partnerschaft. Hauptberuflich ist der ausgebildete Politologe beim Österreichischen Städtebund tätig. 2017 hat er gemeinsam mit den UnterstützerInnen des Vereins FAmOs das erste Regenbogenfamilienzentrum in Österreich im 5. Wiener Gemeindebezirk initiert (www.rbfz-wien.at).
Familie ist, wo Liebe ist!
Das Wichtigste möchte ich gleich vorweg sagen: Wir sind eine ganz normale Familie wie alle andern auch. Mein Mann und ich haben uns vor acht Jahren entschlossen, Pflegekinder aufzunehmen.
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