Das Schreiben mit der linken Hand ist von Natur aus etwas schwieriger als das Schreiben mit rechts. Aufgrund der Schreibrichtung müssen Linkshänder viele Striche auf dem Papier schieben, die von Rechtshändern gezogen werden. Die Sicht auf das bereits Geschriebene ist ebenfalls nicht ganz so einfach. Mit einer guten Schreibhaltung ist das aber alles kein Problem!
Lässt man linkshändige Schulkinder ohne entsprechende Anweisung schreiben, gewöhnen sich viele eine Handhaltung an, bei der der Handrücken über das bereits Geschriebene gleitet. Dadurch wird die Sicht auf vorhergegangene Buchstaben erschwert und beim Schreiben mit der Füllfeder verwischt die Tinte. Um das zu vermeiden, entwickeln sie in der Folge dann häufig eine sogenannte Hakenhaltung. In dieser Position verwischen sie nicht, längeres Schreiben ist aber sehr anstrengend und unbequem, da das Handgelenk überdehnt und die Wirbelsäule verdreht wird.
Eine zeitgerechte Schreibvorbereitung unterstützt linkshändige Kinder
beim Erlernen einer natürlichen und lockeren Schreibposition.
Eine kürzlich in Deutschland durchgeführte Studie (Dr. Sattler/Dr. Marquardt, München 2010) beweist: linkshändige Kinder können dennoch ebenso gut und schnell schreiben wie ihre rechtshändigen Mitschüler_innen. Voraussetzung dafür ist, dass sie im Idealfall bereits im Kindergarten beim Malen und bei den ersten Schreibversuchen, spätestens aber mit Beginn des Schreibunterrichts eine Blattlage, Stifthaltung und Lage der rechten Hand am Blattrand erlernen, die
- eine möglichst gute Sicht auf das bereits Geschriebene zulässt,
- das spätere Verwischen der Tinte vermeidet,
- Schulter und Handgelenk entspannt
- verhindert, dass sie beim Schreiben in die sogenannte Hakenhaltung (eine Haltung „von oben“) ausweichen.
Mit speziellen Nachspurübungen (siehe Literatur) wird diese Schreibhaltung erlernt und gefestigt.
Wie sieht die optimale Schreibhaltung aus?
Die sichere Stifthaltung ist eine wichtige Grundlage für das entspannte Schreiben.
Sie soll eine gleichzeitige Beweglichkeit der vordersten Gelenke von Daumen und Zeigefinger ermöglichen, denn so kann ergonomisch gearbeitet werden.
So wird das Schreibwerkzeug im Dreipunktgriff gehalten:
Zuerst wird der Stift auf das Endglied dann mit Daumen- und Zeigefinger
des Mittelfingers aufgelegt und locker umfasst.
Ringfinger und kleiner Finger werden in Richtung Handfläche eingerollt.
Viele kleine Schriftelemente, wie z.B. beim Schreiben von Anstrichen und Schlingen, werden im Idealfall allein durch die Fingerbeweglichkeit zu Papier gebracht. So können unnötige Bewegungen von Handgelenk, Arm und Schulter vermieden werden und das Schreiben braucht wenig Kraft.
Diese Beweglichkeit der drei Schreibfinger kann durch Üben erreicht und verbessert werden.
(All dies gilt in gleicher Weise auch für Rechtshänder_innen)
Die Lösung ist ganz einfach: Anstelle der Hand wird das Blatt verdreht!
Schreibhaltung mit links: Blattlage und Körperhaltung
- Die aktuelle Heftseite liegt links der Mittelachse, die durch Nase und Wirbelsäule festgelegt ist. Das Heft wird so nach rechts gekippt, dass zwischen unterem Heftrand und Tischkante ein Winkel von etwa 30 ° entsteht.
- Die rechte Hand liegt auf dem Blatt bzw. Heft und hält es fest.
- Die linke Hand liegt locker auf dem Tisch. Der natürliche Bewegungsradius kann durch die Schräglage des Blattes genutzt werden.
- Der Stift soll zwischen dem linken Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger gehalten werden, so dass das Ende in etwa zum linken Ellbogen zeigt.
- Der Einsatz der Fingerbeweglichkeit erleichtert fließendes Schreiben mit minimalem Krafteinsatz.
- Die linke Hand wird unter der Zeile geführt, mit einem flachen Winkel zwischen Unterarm und Handrücken, die Handkante soll aufliegen.
- Gewichtsverteilung: Hauptgewicht auf dem Gesäß, ein Teil auf den Fußsohlen, wenig Gewicht auf den Unterarmen.
Mit der richtigen Schreibhaltung können Linkshänder_innen entspannt schreiben, ohne das Geschriebene zu verdecken und die Tinte zu verwischen.
Der Einstieg in die vorgestellte Schreibhaltung, bei der das Blatt stark nach rechts geneigt wird, ist nicht für jeden sofort möglich. Manche Kinder reagieren auf diese Blattlage mit Schwindelgefühlen. In diesem Fall ist es empfehlenswert, mit einer leichten Schräglage zu beginnen und täglich ein Stückchen mehr zu verschieben. Achten Sie dabei auf die Signale ihres Körper – er wird Ihnen zeigen in welchem Tempo Sie diese Veränderung durchführen können.
Grundsätzlich gibt es für die lockere Schreibhaltung mit links kein Rezept, das alle individuellen Bedürfnisse zufrieden stellt. Die vorgestellte Schreibweise wurde von Frau Dr. Johanna Barbara Sattler, (http://www.lefthander-consulting.org) der deutschen Psychologin und Pionierin auf dem Gebiet der Linkshandforschung und ihrem Team entwickelt und in Deutschland ausreichend getestet. Sie ermöglicht sehr vielen links schreibenden Menschen eine angenehme, entspannte Körperhaltung mit gleichzeitiger Sicht auf das bereits Geschriebene. Wenn das linkshändig begabte Kind mit dieser Haltung nicht gut zurecht kommt, machen Sie sich mit ihm auf die Suche nach seiner persönlichen Idealposition und ermutigen Sie es, so lange zu experimentieren, bis eine gute Lösung gefunden wurde.
Auf der Website des Vereins „LinkeHand“ finden Sie unter http://www.linkehand.at/tipps7.php zwei kurze Videos, diese zeigen eine erwachsene Person sowie drei Kinder verschiedener Altersstufen beim Schreiben mit links bzw. bei Vorübungen im Kindergartenalter.
Arbeitsplatz linkshändiger Schüler_innen:
Am Schreibtisch soll die Bewegungsfreiheit für den linken Arm gewährleistet sein und der Lichteinfall von rechts oder vorne kommen. Die Schreibtischschubladen werden wenn möglich links montiert.
Geeignetes Schreibwerkzeug:
Ideal für den Anfang: dreiseitige Buntstifte
Egal ob links- oder rechtshändig: Stifte in Dreikantform gewährleisten einen größtmöglichen Kontakt zwischen Fingern und Stift. Daher liegen diese ideal in der Hand und sind entspannt mit geringem Kraftaufwand zu halten. Sie erhöhen das Zeichenvergnügen und unterstützen auf ganz natürliche Weise das Erlernen der Dreipunkt-Stifthaltung (siehe oben).
Das vierjährige Mädchen hält, dem Alter entsprechend, den Stift noch im sogenannten „Pfötchengriff“. Mit den dreiseitigen Stiften wird es ihr im Verlauf des nächsten Jahres gelingen die Dreipunkt-Stifthaltung zu erlernen.
Stiftaufsätze
Hat ein Kind Schwierigkeiten beim Erlernen der ergonomischen Stifthaltung kann der „Sattler Grip“ (oder ein anderer dreiseitiger Stiftaufsatz) eine große Hilfe sein. Er bringt die Finger behutsam in eine sinnvolle Position. Der „Sattler-Grip“ ist händigkeitsneutral, das heißt er kann von Rechts- und Linkshänder_innen verwendet werden. Aufgrund seines weichen, dehnbaren Materials passt er auf jedes Stiftformat.
Erstes Schreiben mit dem Bleistift
Das erste Schreibwerkzeug in der Schule ist noch immer der Bleistift. Hier können Eltern und Kinder zwischen zwei Möglichkeiten wählen:
- dreiseitige Bleistifte mit weichem bis mittlerem Härtegrad, eventuell auch mit Wasserlack-Noppen oder eingekerbten Griffmulden, entsprechend der Händigkeit
- Druckbleistifte mit dicker, weicher Mine und ergonomischer Griffzone aus angenehmem, rutschfestem Material sind die andere Option
Für die Form des Griffstückes gilt: so wenig wie möglich und so viel wie nötig – denn zu tiefe Mulden schränken die Bewegungsfreiheit ein und können nach einiger Zeit zu Verspannungen führen.
Füllfeder: Das Schreiben lernen mit der linken Hand ist eine kleine Herausforderung, denn die Füllfeder muss über das Papier geschoben werden und kann nicht so leicht über das Blatt gezogen werden, wie beim Schreiben mit rechts.
Eine gute Schreiblernfüllfeder erkennt man an folgenden Eigenschaften:
- eine Griffzone aus weichem, rutschfestem Material, entweder symmetrisch oder der Händigkeit entsprechend gestaltet
- zwei Mulden für Daumen und Zeigefinger und eine ebene Fläche mit die Füllfeder auf dem Mittelfinger aufliegt
- eine Schreibfeder mit Iridiumkornspitze, damit sie starken Druck aushält
- einen kleinen Damm, der ein Abrutschen des Zeigefingers auf die Feder verhindert
Übrigens: auch rechtshändige Kinder könnten von den Ergebnissen der Linkshandforschung profitieren, denn auch für sie würde das Schräglegen des Blattes, natürlich in die andere Richtung, bessere ergonomische Schreibbedingungen schaffen, als die derzeit noch immer üblichen gerade liegenden Hefte. Das Schreiben im aufrechten Heft ist meist nur mit einem leichten Knick im Handgelenk möglich. Schauen Sie in Ihrem Umfeld: etwa 70 % der rechts schreibenden Erwachsenen haben sich von diesem Zwang befreit und neigen ihr Blatt beim Schreiben.
Kommentare
Barbara
Bin sehr betroffen, wie wenig Lehrer über Linkshändigkeit wissen!! Es wird sich in der Schule meiner Enkelin überhaupt nicht darum gekümmert! Sie hat eine völlig verdrehte Hand, schreibt von oben. Die gesamte Körperhaltung ist in Mitleidenschaft gezogen!! Warum werden Kindergartenerzieher und Lehrer nicht darauf vorbereitet und entsprechende Seminare abgehalten! Ist mir unverständlich!! Mit freundlichem Gruß BvG