Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf – dieses afrikanische Sprichwort ist – unter anderem – ein Motto, das Eltern-Kind-Zentren zugrunde liegt.
Die Geburt eines Kindes verändert einiges im Leben der jungen Eltern. Das gewohnte soziale Umfeld verändert sich genauso wie die Partnerschaft und der Alltag. Die ersten Monate nach der Geburt empfinden viele junge Eltern als Ausnahmezustand, der viele Freuden und Belastungen mit sich bringt. Man lernt nicht nur sein Baby kennen, sondern auch sich selbst als Eltern, empfindet Gefühle, die man vor der eigenen Elternschaft nur vom Hörensagen kannte und oft verändert sich durch die neuen Erfahrungen das eigene Wertesystem. Viele junge Eltern suchen in der ersten Zeit nach der Geburt einen Platz außerhalb der unmittelbaren Familie, der ihren Bedürfnissen entspricht oder zumindest nahekommt. Eltern-Kind-Zentren bieten für die Ambivalenzen, die junge Elternschaft mit sich bringt, verständnisvollen, geschützten Raum und adäquate Begleitung. Manchmal ist es notwendig, seine Sorgen und Nöte in einem respektvollen Umfeld auszusprechen, ohne gleich behandelt, beraten und therapiert zu werden. Zu erleben, dass viele Familien ganz ähnliche Erfahrungen machen, Schlaflosigkeit und Erschöpfung dazugehören, emotionale Ausnahmezustände immer wieder eintreten und die verschiedenen Menschen ganz verschiedene Lösungsmöglichkeiten suchen und finden, beruhigt oft und gibt die Chance, gestärkt diese Lebensphase zu bewältigen. Die MitarbeiterInnen in Eltern-Kind-Zentren sind fast ausschließlich selbst erfahrene Eltern und sind professionell ausgebildet , die Bedürfnisse der jungen Eltern und Kinder zu begleiten: von Eltern für Eltern – mit professioneller Unterstützung.
Viele Familien empfinden die Familiengründungsphase als eine Phase der Isolation. Die Herkunftsfamilie ist oft weit weg, der Freundeskreis verändert sich, weil die zeitlichen Ressourcen für Menschen mit kleinen Kindern beschränkt sind und unsere Gesellschaft immer noch nicht so familienfreundlich ist, wie sie sein könnte. Diese Lebensphase kann aber auch eine Zeit der Neu- und Umorientierung sein. Man ist plötzlich mit Themen konfrontiert, die einem ohne Kinder nur peripher interessiert haben bzw. die gar nicht im Blickfeld waren. Das fängt bei ganz praktischen Dingen wie Ernährung (Stillen oder Babynahrung, Beikost bio oder konventionell) und Versorgung (Babykleidung, verschiedene Windelsysteme, Tragehilfen usw.) an und geht über die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen (Tageseltern, Kinderkrippe, selbstverwaltete Kindergruppen, öffentliche und private Kinderbetreuungsinstitutionen, Schulwahl) bis hin zu familien- und gesellschaftspolitischen Einstellungen. Eltern-Kind-Zentren bieten hier einen Raum für Information, Diskussion, Auseinandersetzung und Initiative. In vielen Eltern-Kind-Zentren ist es möglich, die eigenen Ideen, Fähigkeiten und Ressourcen einzubringen und gestaltend mitzuarbeiten
Ein Kind in seiner Entwicklung zu begleiten, ist die natürliche Aufgabe von Eltern und Bezugspersonen, die Fähigkeit dazu entwickelt sich auch am Tun (mitunter durch Versuch und Irrtum!), dazu kommt eine ganze Menge Erziehungswissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird und viel Information, die über die verschiedensten Kanäle (Ratgeberliteratur, Internet, Vorträge…) auf die Eltern einwirkt. In Eltern-Kind-Zentren haben wir die Möglichkeit, dieses Wissen, basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen, zu diskutieren, kritisch zu hinterfragen, einzuordnen und eine erzieherische Haltung zu entwickeln, die die intuitive Elternkompetenz stärkt. Immer wieder werden neue Trends im Familien- und Erziehungsumfeld aufgegriffen, ausprobiert und mitunter auch sehr kontrovers diskutiert.
Neben speziellen Angeboten wie Geburtsvorbereitung, Stillgruppen, Babymassage, Babyschwimmen, Eltern-Kind-Gruppen und Elternbildungsveranstaltungen zu Erziehungs- und Entwicklungsthemen finden Eltern hier die Möglichkeit, Menschen zu treffen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und neue Kontakte zu knüpfen. Meistens ist in den ersten Monaten Mutter oder Vater tagsüber alleine mit dem Baby. Da kann es schon vorkommen, dass einem die Decke auf den Kopf fällt. War man jahrelang berufstätig und hat ein gut organisiertes Leben geführt, so kann die Umstellung auf das häusliche Leben und den Alltag, der in der ersten Zeit fast ausschließlich auf das Kind fokussiert ist, schwierig sein. Der regelmäßige Besuch eines Eltern-Kind-Zentrums kann dabei helfen, den Tag zu strukturieren und den Weg in die neue Lebensphase unterstützen. Für viele Babys und Kleinkinder ist das Eltern-Kind-Zentrum der erste Ort, an dem sie regelmäßig andere Babys erleben und ihre ersten Erfahrungen mit Gleichaltrigen machen können.
Eltern-Kind-Gruppen sind regelmäßige Zusammenkünfte von Eltern mit ihren Kleinkindern. In den Gruppenstunden haben die Kinder die Möglichkeit, in einer vorbereiteten Umgebung neue Erfahrungen und ihre ersten Kontakte mit Gleichaltrigen zu machen, für die Eltern ist genug Zeit und Raum zur Verfügung, sich über ihre Erfahrungen im Erziehungs- und Familienalltag auszutauschen und bei Bedarf kompetenten Rat und Unterstützung von der GruppenleiterIn einzuholen. Eltern-Kind-GruppenleiterInnen sind speziell für diese Form der Elternbildung ausgebildet und haben meistens selbst Erfahrung als Eltern. Diese Gruppen sind keine Frühförder-Kurse, sondern ein Zeit, die Eltern und Kinder gemeinsam in einem geschützten Rahmen verbringen. Voneinander zu lernen, die eigenen Erfahrungen weiter zu geben, zu sehen, wie andere GruppenteilnehmerInnen in ähnlichen Situationen mit ihren Kindern umgehen, interessante Literatur zum Thema Erziehung diskutieren, Rat und Meinung der anderen Teilnehmer einholen – oder einfach einmal die Sorgen (und Freuden!)des Erziehungsalltags abladen, all das hat Platz in den Gruppenstunden. Umrahmt werden die meisten Gruppen durch gemeinsames Singen von Schoß und Bewegungsliedern. Natürlich stehen die Kinder genauso im Mittelpunkt wie die Bedürfnisse der Eltern.
Für ganz junge Babys und ihre Eltern bieten sich Babymassage Gruppen, Stillgruppen und offene Babytreffs an. In vielen Eltern-Kind-Zentren ist es möglich, abseits der Veranstaltungen und Gruppenangebote während der Öffnungszeiten unverbindlich da zu sein – sich ausrasten, das Baby zu wickeln, einen Kaffee oder Tee zu trinken und vielleicht einfach ein nettes Gespräch zu führen.
In und mit Eltern-Kind-Zentren ist vieles möglich – Gemeinschaft zu finden, Feste zu feiern, zu lernen, sich fortzubilden und sich und den Kindern einen Ort zu schaffen, an dem man sich außerhalb der eigenen vier Wände wohl fühlen kann.
Die meisten Eltern-Kind-Zentren wurden und werden von Eltern gegründet, die sich vernetzen und ihr eigenes Wissen über das Elternsein weitergeben wollen. Seit der Gründung des ersten österreichischen Eltern-Kind-Zentrums in Innsbruck 1979 sind über ganz Österreich viele unabhängige Vereine entstanden, auch kommunale Einrichtungen, parteinahe und kirchliche Trägerorganisationen haben die Eltern-Kind-Zentrums Idee übernommen und weiterentwickelt. Egal ob am Land oder in den Großstädten – fast überall in Österreich gibt es Eltern-Kind-Zentren, die eine Fülle von Angeboten und Möglichkeiten für Familien bieten. Die unabhängigen Eltern-Kind-Zentren Österreichs sind seit 2006 in einem Dachverband organisiert www.ekiz-dachverband.at , darüber hinaus gibt es eine gute Vernetzung aller Trägerorganisationen. Das Bundeskanzleramt Sektion Familie und Jugend bietet seit 20 Jahren durch die Elternbildung eine Plattform, die über alle weltanschaulichen Grenzen hinweg einen regen Austausch, gemeinsame Fortbildung und Qualitätssicherung ermöglicht.
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