Das Wochenbett ist eine ganz besondere Zeit für frischgebackene Eltern, eine Zeit der Freude und großer Veränderung. Für den Start ins Familienleben oder die neue Familienkonstellation ist es wichtig, diese Phase zu nutzen, um als Familie anzukommen, zusammenzufinden und sich gegenseitig kennenzulernen. Gleichzeitig ist es eine Phase der Heilung und Erholung. Stress zu vermeiden und Druck rauszunehmen unterstützt die Erholung und den Bindungsaufbau zum Baby. Folgende Tipps können helfen, das Wochenbett entspannt zu erleben.
Du darfst!
Das Wochenbett heißt nicht ohne Grund WOCHENbett. Der Körper hat sich in der Schwangerschaft sehr verändert und ist nun damit beschäftigt, diese Veränderungen zurückzubilden. Das braucht Zeit. Gleichzeitig ist da dieser kleine Mensch, der viel Fürsorge und Körperkontakt braucht, um außerhalb des Mutterleibs gut anzukommen. Und auch psychisch erfahren alle Familienmitglieder einen herausfordernden Umbruch, auf den sie sich einstellen müssen. All das sind sehr gute Gründe dafür, in der ersten Zeit nach der Geburt erstmal Tempo und Druck herauszunehmen – und das ganz ohne Schuldgefühle! Es ist wichtig und richtig sich erstmal auf die eigene Familie zu konzentrieren, statt Babybesuche zu organisieren und Kuchen zu backen. Es ist wichtig und richtig, Prioritäten zu setzen und die Außenwelt nach Möglichkeit erstmal Außenwelt sein zu lassen.
Weniger ist mehr
Für den Anfang empfiehlt es sich, lieber weniger Termine auszumachen. Mit den ersten Hebammen- und Kinderarztbesuchen ist der Terminkalender erstmal voll genug. Es reicht vollkommen, wenn man bestimmte Babykurse, die man gerne besuchen möchte, erst später startet. Für Termine eventueller größerer Geschwisterkinder darf man sich gerne in dieser Zeit Unterstützung holen. Großeltern, Tanten, Onkel, Freunde, andere Eltern, sogar Nachbarn – wenn man genau hinhört, bieten viele Menschen ihre Hilfe an oder sind gerne bereit zu unterstützen. Das darf genutzt werden! Fahrdienste, Versorgung eines Haustiers, einkaufen, vorkochen oder die Betreuung größerer Kinder könnten zeitweise von anderen Menschen (teilweise) übernommen werden und somit Zeit und Energie für das Wichtigste freisetzen: das Baby und die Erholung.
Gute Vorbereitung
Priorisiert man als Familie das Wochenbett als Zeit der Neuorientierung und Erholung so hilft eine gute Vorbereitung enorm. Mahlzeiten können vorgekocht und eingefroren werden. Einkäufe können geplant und wochenweise erledigt oder sogar bestellt werden, einige Supermärkte bieten inzwischen Lieferdienste für Einkäufe an. Ein Familienwochenplan kann helfen, die wichtigsten Termine im Überblick zu behalten und unterstützen gleichzeitig die partnerschaftliche Kommunikation über die anstehenden Verpflichtungen und deren Aufteilung. Über diese Aufteilung kann im Vorfeld schon gut gesprochen werden, sodass sie dann im Einzelfall nur angepasst, nicht komplett ausgehandelt werden muss. Dabei ist es zentral, dass bei der Aufgabenverteilung auch an die Verantwortlichkeit gedacht wird. Für den mental load, also die Last, an alles denken zu müssen, was die Familienorganisation betrifft, ist es entscheidend, nicht nur einzelne Aufgaben sondern ganze Verantwortlichkeiten aufzuteilen. Eine offene und wertschätzende Kommunikation ist der Schlüssel für die Zusammenarbeit als Elternteam.
Es gibt Hilfe
Im Wochenbett treffen Eltern auf viele unterschiedliche Herausforderungen und bei jeder einzelnen davon kann es zu Unsicherheiten oder Schwierigkeiten kommen. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten: Hebammen und StillberaterInnen, die bei Unsicherheiten rund um die Fürsorge des Babys mit Rat und Tat zur Seite stehen. Kinderärzte, die die Gesundheit und Entwicklung des Kindes gut im Blick haben. FachberaterInnen, die bei Fragen zu Bindung und Regulation des Babys weiterhelfen. PsychologInnen und PsychotherapeutInnen unterstützen, wenn es rund um die Geburt oder die Elternschaft zu psychischen Belastungen kommt. FamilienhelferInnen und FamilienbegleiterInnen der Frühen Hilfen begleiten Familien dabei, ihre Belastungen anzugehen und einen guten Rhythmus als Familien zu finden. Besonders letzteres kann sehr entlastend sein, wenn das Zeitmanagement sich als schwierig erweist: sie sind aufsuchen und übernehmen zeitweise die Koordination verschiedener Unterstützungsangebote, bis wieder Ruhe im Familiensystem einkehrt. Eine Übersicht der vielfältigen Hilfsmöglichkeiten, sowie ein bunt bestückter Werkzeugkasten für Zeitmanagement, Selbstfürsorge und Kommunikation findet sich auch im Ratgeber „Die Klügere gibt ab. Verantwortung teilen, Erschöpfung vermeiden“
Sabine Rühl-Krainer
Klinische und Gesundheitspsychologin, Entwicklungs- und Schlafberaterin, bindungs- und bedürfnisorientierte Begleitung von Familien, Psychologische Leitung Siebenschläfer – Kinderschlaf und mehr, zert. Elternbildnerin, Elementarpädagogin und Mutter.
Weitere Infos unter www.siebenschlaefer.at und www.praxis-familienleben.at
Zwischen Bauchgefühl und Informationsflut – Herausforderung Elternwerden
Sich als frischgebackene Eltern in diesem Dschungel an Informationen zurecht zu finden ist nicht so einfach. Gutgemeinte – aber meist auch ungefragte – Ratschläge und das eigene Bauchgefühl sagen oft etwas anderes.
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