Ein relativ neuer Begriff in der Pädagogik, noch gibt es auch wenig Literatur zu diesem Thema – früher waren nur zwei krisenhafte Zeiten in der Entwicklung definiert, nämlich die Trotzphase und die Pubertät. Die Pädagogik kennt mittlerweile noch zwei weitere Begriffe für krisenhafte Lebensabschnitte, die 6-Jahres-Krise (5.-7. Lebensjahr) und die Vorpubertät (8.-10. Lebensjahr). All diese Entwicklungsphasen sind durch große Veränderungen und damit einhergehenden Konflikten gekennzeichnet. Meiner Meinung nach handelt es sich um einen langfristigen Ablösungsprozess des Kindes von den Eltern, währenddessen es einfach schwierigere und leichtere Zeiten gibt.
Der Vorteil der weiteren Krisenbenennungen mag vielleicht sein, dass wir Eltern leichter damit umgehen können, wenn wir dem Ganzen einen Namen geben können.
Woher kommt die Krise?
Das Kind entwickelt sich vom Kleinkind zum (Vor)Schulkind, auch körperlich. Das Kindchen-Schema im Gesicht verliert sich, die Gestalt streckt sich – Arme und Beine werden länger und schlenkern plötzlich ungelenk am Körper herum. Erinnern Sie sich, wie Sie hochschwanger waren? Die Körperwahrnehmung ist plötzlich eine andere, der Schwerpunkt hat sich geändert, man neigt zum Stolpern und stößt sich an allen möglich Ecken und Kanten an – so geht es jetzt dem Kind. Gleichzeitig beginnen die ersten Zähne auszufallen, was manche Kinder regelrecht Angst macht – sie haben den Eindruck, sie selbst würden auseinanderfallen. Die Ansprüche der Umgebung steigen. „Schließlich gehst Du ja bald zur Schule!“ Spätestens jetzt macht das Kind Bekanntschaft mit der Leistungsgesellschaft.
Es weiß, es muss den gut bekannten Kindergarten und vielleicht auch einige Freunde bald verlassen. Immer wieder hört es von dieser Schule, von der es meist keine Vorstellung hat oder im schlimmeren Fall eine negative („Warte erst, bis Du in der Schule bist ….“).
Das Kind muss jetzt also ein neues Selbstbild entwickeln, all diese Veränderungen, die den Erwachsenen vielleicht gar nicht so auffallen, durchlaufen und integrieren. Das Leben besteht aus Veränderung, nichtsdestotrotz geht mit ihnen Unsicherheit einher und natürlich machen sie auch Angst. Kein Wunder, wenn das Kind plötzlich unsicher und/oder launenhaft ist und wieder mehr Verständnis, Zuwendung und Nähe braucht!
Was genau heißt eigentlich schulreif?
Die Schulreifefeststellung hat nicht mit einem Intelligenztest zu tun, es muss auch nicht extra dafür geübt werden! Schulreife ist vielmehr ein Bündel an Kriterien und Fähigkeiten. Natürlich gibt es eine intellektuelle Komponente, es wird geprüft, ob das Kind einige Zeit bei einer Aufgabe konzentriert verweilen kann, ob es flüssig spricht und wie gut und aufmerksam es beobachten kann.
Ganz wesentlich sind aber auch die emotionalen und sozialen Faktoren. Fühlt sich das Kind persönlich angesprochen, wenn zu einer Gruppe gesprochen wird? Fühlt es sich auch außerhalb der Familie ausreichend sicher, so dass es entspannt von neuen Bezugspersonen lernen kann? Kann es konkrete Aufträge erledigen und einmal auch bei einer Sache bleiben, die grad nicht so hochgradig interessant ist? Weiß es, was ihm gehört und respektiert es den Besitz anderer?
Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie am besten mit Ihrer Kindergartenpädagogin, sie kennt das Kind außerhalb der Familie und hat sicher eine gute Einschätzung.
Ein guter Start in die Schule – was gibt es zu bedenken?
Die Auswahl der Volksschule bereitet vielen Eltern vor allem im städtischen Gebiet viele Gedanken und Sorgen. Eine große Rolle spielt der sichere Schulweg – es gehört übrigens zur Schulreife, dass das Kind den Schulweg alleine bewältigen kann, theoretisch jedenfalls – sowie die Möglichkeiten der Nachmittagsbetreuung.
Kinder lieben es die Schultasche aussuchen zu dürfen, Eltern sollten dabei Qualitätsmerkmale wie das Gewicht und die praktikable Aufteilung der Fächer im Auge behalten. Vorsicht bei recht auffälligen Motiven. Eine gute Schultasche ist ziemlich teuer und wer will schon für die zweite Klasse eine neue kaufen müssen, weil die aufgedruckte Comic-Figur aus der Mode geraten ist!
Ein bekanntes Ritual für den ersten Schultag ist die Schultüte – ich finde es schön, sie mit den Kindern selber zu basteln. Es gibt fertige Rohlinge im Fachhandel, die nur noch bemalt oder beklebt werden, so wird eine ganz persönliche Schultüte daraus – für die Füllung können dann die Eltern selber sorgen, was den Zuckerschock am ersten Schultag in Grenzen hält.
Für mich persönlich unerwartet groß war der „gefühlte“ Unterschied, dass es plötzlich Schulpflicht heißt. Die Kinder im Kindergarten gut aufgehoben zu wissen war eine feine Sache, aber wenn mich plötzlich die Lust überkommen hat, weil das Wetter so schön ist in den Zoo zu gehen, war das kein Thema. Diese Flexibilität ist dahin – wenn das Kind krank wird, muss neben all dem organisatorischen Aufwand der Betreuung auch noch der Schulstoff nachgearbeitet werden.
Taschengeld für die ersten, eigenen Wünsche
Der Schulstart ist eine gute Gelegenheit Taschengeld einzuführen, damit können Kinder ersten Umgang mit Geld üben und ihre neue Selbstständigkeit in einem festgesteckten Rahmen auskosten. Die Höhe spielt gar nicht die große Rolle, vielleicht einmal mit € 0,50 pro Woche beginnen. Lieber klein anfangen und dann sukzessive erhöhen. Damit darf dann aber gekauft werden, was das Kind möchte – höchstwahrscheinlich Süßigkeiten ;-))
Das Kind lernt damit auf etwas zu sparen, Prioritäten setzen und auch spontane Wünsche von echten Bedürfnissen zu unterscheiden. Es wird wahrscheinlich auch Fehlkäufe tätigen und damit unzufrieden sein, das ist ein Lernprozess, unsere Konsumgesellschaft schafft nun mal Lust und Frust! Klären sie bei der Gelegenheit auch gleich mit Ihrem Kind, was mit größeren Geldgeschenken von Verwandten passiert – bis zu welchem Betrag dürfen die zum Taschengeld wandern und wann geht das Geld in die Sparbüchse?
Wichtig ist, dass Taschengeld keine Bezahlung für eine geleistete Arbeit ist und auch kein Erziehungsmittel (= Entzug als Strafe für unliebsames Verhalten) sein darf!
Handy, Nintendo & Co
Eine Spielkonsole ist ein gängiges Geschenk zum sechsten Geburtstag, viele Volksschüler besitzen ein eigenes Handy – ist das alles notwendig?
Das Handy ist für viele Eltern ein Sicherheitsfrage, es gilt zu überlegen, wo sind denn die Unsicherheitsfaktoren? Muss das Kind einen längeren Schulweg allein, vielleicht sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln, bewältigen? Dann ist ein Handy wahrscheinlich eine gute Idee, damit man sich erreichen kann – und wenn ein paar Spiele drauf sind, erledigt sich auch gleich der Nintendo … Wird das Kind täglich zur Schule begleitet und auch wieder abgeholt, ist das Handy eher noch nicht notwendig.
Für Fernsehen und Computerspiele können jetzt Regeln vereinbart werden. Fünf- bis Siebenjährige sollten nicht mehr als 45 Minuten täglich vor einem Bildschirm verbringen, wobei ich in der Praxis wenig von einer täglichen Zeitvorgabe halte. Kinder halten das ganz schnell für ihren persönlichen Rechtsanspruch: „Ich hab heute noch gar nicht ferngeschaut!“
Ich empfehle eine Wochenbildschirmzeit zu vereinbaren und mit dem Kind zu planen, was es wann sehen bzw. spielen möchte. Das darf dann schon mal einen Tag mehr sein, dafür ist ein anderer bildschirmfrei! So kann man die Bildschirmzeit auch besser in den familiären Tagesablauf einbauen und vielleicht sogar ein Ritual daraus machen – am Samstagabend ist Heimkinotag, wir schauen uns gemeinsam einen Film an und machen Popcorn dazu. Ganz pragmatisch, im Winter darf es auch mal mehr sein, wenn im Sommer viel Zeit im Freien verbracht wird und damit die heimischen Bildschirme automatisch in den Hintergrund rücken.