Wenn Kinder oder Jugendliche in den Verdacht einer strafbaren Handlung geraten, ist die Panik erst einmal groß – vor allem bei den Erziehungsberechtigten. Leider gibt es in solchen Situationen kein einfaches Rezept, wie sich die jungen Menschen aus dieser Situation wieder unbeschadet und vor allem unbescholten befreien können.
Wie in jeder Krise gelten zuerst einmal die Grundsätze „Ruhe bewahren“, „die nächsten Schritte planen“. Vor allem Erziehungsberechtigte sollten in erster Linie unterstützen und nicht schon vorweg Schuld und Strafe diskutieren.
Die Grundsätze jedes Strafverfahrens gelten auch für jungen Menschen:
- Als unschuldig gelten alle, bis etwas anderes bewiesen ist.
- Niemand ist verpflichtet, sich selbst durch Aussagen bei Strafverfolgungsbehörden zu belasten.
- Jede:r hat das Recht auf Beiziehung einer Strafverteidigung, wenn er:sie als Beschuldigte:r vernommen wird.
Darüber hinaus haben Jugendliche auch ein Recht auf Beiziehung einer Vertrauensperson bei einer Beschuldigteneinvernahme.
Für junge Menschen gelten darüber hinaus noch (unter anderem) folgende Besonderheiten:
Bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (also bis zum 14. Geburtstag) sind Kinder strafunmündig. Das heißt, sie können nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das Gericht kann jedoch Erziehungsmaßnahmen (Beratung und Unterstützung des Kindes sowie der Eltern aber auch Fremdunterbringung) anordnen.
Ab dem 14. Geburtstag und bis zum 18. Geburtstag gelten vor dem Strafrecht alle als „Jugendliche“ und sind grundsätzlich strafmündig. Das heißt, es kann zu einem Strafverfahren kommen. Davon gibt es Ausnahmen: Beispielsweise eine verzögerte Reife oder eine geringfügige Deliktsbegehung vor dem 16. Geburtstag kann ebenfalls bewirken, dass es zu keinem Strafverfahren kommt.
Staatsanwaltschaft und Gericht müssen bei allen strafbaren Handlungen Jugendlicher prüfen, ob überhaupt eine staatliche Reaktion erforderlich ist, oder ob ein Strafverfahren reaktionslos einzustellen ist. Wenn eine staatliche Reaktion für erforderlich gehalten wird, so ist zuerst zu prüfen, ob dafür nicht eine Form der sogenannten intervenierenden Diversion ausreicht.
Unter Diversion versteht man im Strafrecht Möglichkeiten, auf die Durchführung eines förmlichen gerichtlichen Strafverfahrens sowie dessen allfällige Beendigung durch Schuldspruch zu verzichten.
In der Strafprozessordnung (StPO) sind zum Beispiel folgenden Diversionsformen vorgesehen:
- Tatausgleich
- Gemeinnützige Leistungen
Nur mit ausdrücklicher Zustimmung der:des Beschuldigten kann es zu einer Diversion kommen. Dafür müssen auch bestimmte Bedingungen erfüllt sein, so darf etwa die Schuld nicht schwer sein. Nach erfolgreicher Diversion ist ein Strafverfahren endgültig einzustellen. Es erfolgt keine Eintragung ins Strafregister.
Eine Diversion kann auch von Beschuldigten beantragt werden und das ist in vielen Fällen eine sehr gute Idee. Das delinquente Verhalten zieht Konsequenzen nach sich – und das ist pädagogisch meist sinnvoll. Trotzdem wird das Risiko einer strafgerichtlichen Verurteilung mit eventuellem Eintrag ins Strafregister umgangen.
Und damit ist schon das Kernproblem der Strategie in jedem Strafverfahren angesprochen: Zugeben oder abstreiten?
Wer sich grundsätzlich einsichtig verhält, die Verantwortung für die Tat übernimmt und nach Möglichkeit Schadenswiedergutmachung anbietet, hat erst einmal gute Chancen auf eine diversionelle Erledigung und im Falle eines Strafverfahrens „Milderungsgründe“, die für den:die Angeklagten sprechen.
Wer von der eigenen Unschuld überzeugt ist und sie eventuell auch mit Beweisen untermauern kann, strebt vielleicht eher den offiziellen Freispruch an.
Hier gibt es kein Richtig und Falsch, es ist eher ein Abwägen gefragt und auch die Konsultation des „inneren Rechtsbüros“, was sich gut anfühlt und die Konsultation des eigenen „Risikomanagements“, was erfolgversprechend ist.
Im schlimmsten Fall kommen Jugendliche in Untersuchungshaft. Dann gilt es jedenfalls, diese Haft so rasch wie möglich zu beenden. Die Jugendgerichtshilfe wird dann beauftragt, Informationen zu sammeln zur Lebenssituation der jungen Menschen.
In diesem Fällen – aber auch wenn Jugendliche oder junge Erwachsene in Strafhaft sind – werden von NEUSTART Sozialnetzkonferenz organisiert. Gemeinsam mit ihrem sozialen Netz werden junge Menschen dabei unterstützt, einen verbindlichen Zukunftsplan zu erstellen. Die Umsetzung dieses Zukunftsplans wird im Rahmen der Bewährungshilfe begleitet und kontrolliert.
In allen Fragen der Unterstützung von Menschen, die mit dem Strafrecht in Konflikt gekommen sein könnten, steht NEUSTART mit seiner Expertise unterstützend zur Seite. Dazu finden sich Informationen auf der Website und Fragen können auch in der Online-Beratung gestellt werden.
Also nicht verzweifeln, sondern kompetente Unterstützung an Bord holen, dann kann auch dieser Sturm auf hoher See gut bewältigt werden!
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