Ursprüngliche Autorin: Bettina Weidinger
Was und wer und wie ist das mit der Homosexualität – eine Begriffsdefinition
Heterosexuell und Homosexuell als Begriffe sind lediglich Bezeichnungen für den IST Zustand in der Häufigkeit des sexuellen Verliebens oder Begehrens oder Liebens. Und es sind Bezeichnungen für Erwachsene. Kinder sind in ihren Liebesfähigkeiten und auch in ihrem sexuellen Interesse nicht erwachsen, das bedeutet nicht fokussiert, sie verlieben sich in Buben und Mädchen.
Viele Erwachsene wissen welche Merkmale auf körperlicher und persönlicher Ebene für sie wichtig sind, um einen Menschen als sexuell attraktiv einzustufen. Die meisten Erwachsenen wissen auch, welche Merkmale es sind, die eine sexuelle Anziehung möglich machen – oder anders formuliert:
Ob ein Mensch einen anderen Menschen als sexuell anziehend empfindet oder nicht ist immer eindeutig spürbar, hat nichts mit ausschließlich kognitiven Überlegungen zu tun und ist nicht verhandelbar. Es ist was es ist.
Und wenn wiederholt spürbar wird, dass das sexuelle Verlieben häufiger Menschen des anderen Geschlechts betrifft, dann wird sich diese Person möglicherweise als heterosexuell bezeichnen. Wird spürbar, dass das sexuelle Verlieben häufiger Personen des gleichen Geschlechts betrifft, dann wird sich diese Person möglicherweise als homosexuell bezeichnen.
Beide Begriffe sind daher streng genommen nur ein Ausdruck der aktuellen Situation – denn sexuelle Anziehungsmerkmale verändern sich erfreulicherweise ein Leben lang – wäre dem nicht so, wäre es möglicherweise schwierig, den älter werdenden Körper des Partners/der Partnerin attraktiv zu finden, wenn ein sexuelles Attraktivitätsmerkmal die Jugendlichkeit der Haut war. Welche sexuellen Verliebtheiten im Leben noch eintreten können, ist daher nicht planbar.
Soweit die Theorie. Die gesellschaftliche Realität spricht anderes: Eine Person, die sich als heterosexuell wahrnimmt, bezeichnet sich gar nicht – diese Person empfindet dies als Normalität, diese Person wiegt sich in der Sicherheit des gesellschaftlichen Ordnungsrahmens. Die Frage, wer warum in welcher Weise als sexuell anziehend gefunden wird, wird nicht hinterfragt – immerhin braucht Normalität keine Reflexion. Eine Person, die sich selbst als homosexuell wahrnimmt, wird in der aktuellen Gesellschaftssituation wenig Anlass zum Normalitätsempfinden haben.
Normalitäten
Wie viele Arten von Liebe wird Kindern zugestanden? Wie viele soziale Einschränkungen erfahren sie bereits bevor sie zehn Jahre alt werden? Welche Normalitäten erleben Kinder im Umgang mit Nähe und Distanz? Welche sozialen Regeln im Umgang mit Nähe und Distanz werden in der Familie und im weiteren Bezugsfeld gelernt?
Kinder unter sechs Jahren zeigen ihre Verliebtheiten und ihr Interesse am „Doktorspielen“ recht unverblümt und offen anderen Kindern gegenüber – ganz unabhängig vom Geschlecht. Kindergartenkinder sind allem Menschlichen gegenüber neugierig und interessiert – soziale Regeln im Umgang mit Nähe und Distanz, Üblichkeiten der Beziehungskonstellationen, unterschiedliche Ebenen von Freundschaft und Beziehung lernen Kinder zwischen 0 und 6 Jahren durch das Vorbild des Bezugssystems – durch subtile Bemerkungen, durch Vorbilder, durch das Vorleben.
Normalitäten sind letztendlich nichts anderes als vertraute Situationen, Beziehungssituationen, die gelernt wurden. Durch die Haltung von Erwachsenen lernen Kinder, wie sie sich verhalten müssen, um Erwachsenen zu gefallen, um dazuzugehören. Sie lernen auch, dass Liebe zeigen, sich mögen, einer Bewertung unterliegt. Damit lernen sie, dass sie ihre positiven Gefühle nicht uneingeschränkt wahrnehmen dürfen.
Homophobe Kinder und Jugendliche hatten homophobe Erwachsene als Vorbilder im Bezugssystem. Vorbilder, die durch subtile Botschaften wiederholt eine eindeutig negative Haltung gegenüber Menschen vermittelt haben, die sich in Personen des eigenen Geschlechts sexuell verlieben.
Erwachsene leisten einen wichtigen Beitrag in der Begleitung ihrer Kinder, wenn sie Zuschreibungen und Bewertungen von Personen auf Grund deren Beziehungssituation, ihres Aussehens, ihres Lebensstils, ihrer Hautfarbe als Vorurteile erkennen und reflektieren.
Denn Menschenkenntnis setzt die Bereitschaft voraus, einen Menschen in seiner gesamten Persönlichkeit wahrzunehmen – wird diese Wahrnehmung durch Vorurteile überdeckt, schränkt dies die Einschätzungsfähigkeit massiv ein. Dann kann es auch passieren, dass jemandem vertraut wird, weil er oder sie dem positiven Vorurteil entspricht, obwohl möglicherweise eine Gefahr von dieser Person ausgeht…
Wenn 9 Jährige beim Auftrag eine Hochzeit zu zeichnen lauter heterosexuelle Paare mit weißem Brautkleid und Anzug zeichnen, dann gibt dies wenig Auskunft über das, was sich in den Köpfen und Gefühlen der Kinder abspielt. Es gibt aber eindeutige Auskunft darüber, welche Arten von Bewertungen von Beziehungssituationen das Kind bereits erfahren hat.
Auch wenn manche Eltern dann zufrieden das Bild in der Zeichenmappe ablegen, ist damit keine Sicherheit verbunden, in welcher Weise sich das Kind später sexuell orientieren wird. Klar ist aber: Wenn es nicht dem Zeichenbild entsprechen sollte, dann wird es für die spätere jugendliche oder erwachsene Person möglicherweise eine sehr schwierige, vielleicht sogar lebensbedrohliche Situation werden. Die Vermittlung von vielen einschränkenden Beziehungsbildern beeinflusst die spätere Beziehungswahl kaum. Sie beeinflusst aber die Fähigkeit für sich selbst eine passende Beziehung suchen zu können und in dieser glücklich werden zu können.
Die Tabugrenze der erwachsenen Sexualität
Mit Ende der Volksschule wird bei den meisten Kindern sichtbar, dass sie ihren ersten Schritt Richtung Erwachsensein gehen. Vorsichtig, geheimnisvoll und manchmal mit Triumph. In allen Bereichen wo Selbstbestimmung ein Thema ist, kann sich dieser erste Schritt ganz sanft zeigen. Mit diesem ersten Schritt in das Erwachsensein wird auch der erste Schritt in Richtung erwachsene Sexualität gesetzt. Damit entsteht auch eine Intimitätsgrenze zwischen Erwachsenen und Kindern. Das kann bedeuten, dass manche Fragen zur Sexualität nicht mehr an die Eltern gerichtet werden, es kann bedeuten, dass sexuelle Wörter als Provokation eingesetzt werden oder dass neue Regeln in Bezug zu Intimität und Grenzen von den Kindern erstellt werden.
Wie auch immer sich dieser erste Schritt genau zeigt – bei den meisten Kindern wird mit 10/11 oder 12 Jahren spürbar, dass es bei Fragen zur persönlichen Sexualität eine Grenze gibt. Die erwachsene Sexualität zieht zwischen Kindern und Eltern eine Tabugrenze. Und das gegenseitig. Zum ersten Mal in der Entwicklung gibt es zwischen Eltern und Kindern einen Bereich, der sie gegenseitig nichts angeht. Die sexuelle Liebesbeziehung der Mutter oder des Vaters ist nicht Sache des Kindes.
Die elterliche Beziehung von Mutter und/oder Vater zum Kind ist von großer Bedeutung. Dies gilt auch dann, wenn die Eltern nicht die biologische Elternschaft haben und das Kind nicht von Geburt an begleitet haben. Eltern sind Eltern und bleiben Eltern. In ihrer Verantwortlichkeit als Eltern bleiben sie so lange das Kind diese Unterstützung braucht.
Erwachsene Sexualität als Thema hat in der elterlichen Verantwortungsebene ausschließlich jenen Platz, der sich durch die Unterstützung zur Kompetenzentwicklung ergibt. Eltern sind also zuständig für eine umfassende Sexualerziehung von Anfang an. Eltern sind aber nicht zuständig für das Überschreiten von Grenzen.
Was geht dich das an?
Bevor Kinder den ersten Schritt Richtung erwachsene Sexualität machen, zeigen sie bereits einiges an Neugierde für dieses Thema. Um Informationen über erwachsene Sexualität zu bekommen, fragen manche Kinder ihre Eltern nach deren Sexualität.
Habt ihr Sex wenn ich am Wochenende nicht da bin?
Habt ihr Sex wenn ich bereits schlafe?
Hast du schon einmal den Penis vom Papa in den Mund genommen – die große Schwester von meiner Freundin hat gesagt, dass Erwachsene sowas tun..?
Unabhängig davon, dass Fragen dieser Art selten in einem „passenden“ Moment gestellt werden, sind es Fragen, die ausschließlich die Intimsphäre der Eltern betreffen.
Die sexuelle Liebesbeziehung der Eltern ob miteinander oder mit einem anderen Menschen ist exklusive Sache dieser Personen. Das eigene Kind befindet sich auf der Ebene des Kindes – es braucht Klarheit darüber wie sich die Beziehung zu den Bezugspersonen gestalten, wo das eigene Zuhause ist, wie Entscheidungen getroffen werden, was Stabilität bedeutet.
Erwachsene Sexualität gehört immer zur Person. Erwachsene Sexualität kann mit anderen Menschen geteilt werden. Nicht aber zwischen Kindern und Eltern. Wenn Kinder etwas über die gelebte Sexualität ihrer Eltern erfahren wollen, dann ist das ganz normal. Es bedeutet nichts anderes als: Ich würde gerne etwas über erwachsene Sexualität wissen. Das lässt sich lösen, indem allgemein und nicht persönlich über Sex gesprochen wird, indem Broschüren und Bücher über Sexualität einfach da sind.
Was ist also die Antwort?
Ich kann gut verstehen, dass du dich dafür interessierst was Erwachsene beim Sex tun. Wenn du darüber reden willst, dann kann ich das gerne machen. Meine persönliche Sexualität ist jedoch meine persönliche Sache – so wie deine persönliche Sexualität auch zu dir gehört.
Die erwachsene sexuelle Ebene fällt nicht in den Bereich der Informationspflicht dem eigenen Kind gegenüber. Die erwachsene sexuelle Ebene des Kindes ist auch nicht mehr im Verantwortungsbereich der eigenen Eltern. Eltern sein bedeutet auch deutlich zu machen: Wir sind deine Eltern und sind als Eltern für dich präsent – ganz unabhängig davon ob wir ein Liebespaar sind oder nicht. Eltern sein bedeutet die elterliche Verantwortung voll und ganz zu übernehmen und so lange zu behalten, bis das eigene Kind die elterliche Unterstützung nicht mehr braucht.
Die elterliche Verantwortung hört dort auf, wo die Selbstbestimmung des Kindes beeinträchtigt wird und hört jedenfalls dort auf, wo die Verantwortlichkeit zu einer kontrollierenden und limitierenden Macht wird. So wie es nicht Sache der Eltern ist, ihre Kinder über ihre eigenen sexuellen Vorlieben, sexuellen Interessen, Phantasien, … zu informieren, ist es auch nicht Sache der Kinder, ihre Eltern darüber zu informieren welche sexuellen Phantasien, welche sexuellen Interessen und Begehrlichkeiten, sie haben.
In wen und warum sich die Mama oder der Papa verlieben und mit wem sie Sex haben, das ist nicht Sache des Kindes. Und ebenso ist es nicht Sache der Eltern in wen sich das eigene Kind sexuell verliebt, wen es begehrt und warum.
Wenn die Intimität der Eltern zum öffentlichen Interesse wird – homosexuelle Eltern
Homosexuelle Eltern stehen vor einer speziellen Herausforderung: Ihr Liebesleben ist zwar genauso privat und intim wie jenes anderer Eltern. In der aktuellen gesellschaftlichen Situation gelten schwule und lesbische Paare aber als „ungewöhnliche“ Eltern. Kinder dieser Eltern werden mit persönlichen Fragen konfrontiert, mit Fragen zur Sexualität und auch mit Fragen zur Gestaltung des Familienlebens. Hinter all diesen Fragen steckt letztendlich nur eine einzige Frage:
Warum seid ihr als Familie anders als die meisten anderen Familien, die ich kenne?
Die Antwort ist scheinbar einfach: Bei uns ist es einfach so.
Kinder, die von klein auf im eigenen Bezugssystem mitbekommen haben, dass Familie, Liebespaare, Eltern ganz verschieden aussehen und leben können, finden Familien, die anders leben als sie selbst meist nicht besonders außergewöhnlich.
Es geht nicht in erster Linie um das kognitive Wissen, dass Menschen verschieden sind und in ganz verschiedenen Konstellationen leben. Es geht um die emotionale Erfahrung, dass Sicherheit und Beziehung nicht von äußeren Faktoren abhängig sind.
Kinder, die eine scheinbare sichere Ordnung der Welt nur durch äußere starre, gleichbleibende Bilder vermittelt bekommen haben, macht alles was anders ist Angst. Diese Angst und Unsicherheit zeigen sie möglicherweise durch Fragen, durch abfällige Bemerkungen, durch Sticheleien. Kinder, die diese Angst zeigen, brauchen klare Antworten, die sich so oft wiederholen, bis Sicherheit entsteht:
Wir sind eine Familie. Bei uns ist es so, wie es ist. Wenn du uns besuchen kommst, dann freuen wir uns. Manche Fragen beantworten wir dir gerne, andere Fragen sind zu persönlich.
Das eigene Kind braucht möglicherweise ähnliche Antworten. Es braucht auch Trost, wenn es von anderen komisch angesprochen wird. Trost spenden bedeutet nicht andere Familien schlecht zu machen. Trost spenden bedeutet anzuerkennen, dass es unangenehm ist, doof angeredet zu werden. Trost spenden heißt auch, wir werden stabil und lächelnd eine Lösung finden. Wir werden Feste feiern, wir werden zum Schulfest gehen, wir werden alles tun, damit alle sehen können, was für eine tolle Familie wir sind. Es wird manche andere Familien geben, die uns mögen und andere, die uns komisch finden. Das ist dann letztendlich so wie bei anderen Familien auch – mit dem klitzekleinen Unterschied, dass unsere Familie tatsächlich etwas anders aussieht als die meisten anderen Familien deiner Freunde und Freundinnen.
Soziales Regelverständnis von Kindern im Alter zwischen 6 und 12 Jahren
Mit Eintritt in die Schule haben die meisten Kinder die sozialen Regeln dieser Gesellschaft verstanden. Das macht sie meist auch etwas stolz. Sie wissen nun, dass es in unserer Gesellschaft üblich ist, die Toilettentüre zu schließen, wenn man am Klo sitzt, sie wissen, dass Nacktheit im öffentlichen Raum nicht erwünscht ist, sie wissen, dass man bei der Rolltreppe rechts stehen und links gehen muss, dass das Altpapier extra gesammelt werden muss usf.
Vieles davon wissen sie von zu Hause. Einiges wissen sie „einfach so“. Sie wissen es, weil sie in dieser Gesellschaft aufwachsen. Die meisten der sozialen Regeln kennen sie nicht in expliziter Form – und dennoch kennen sie sie.
Sie wissen, dass rosa tendenziell als Mädchenfarbe gilt, dass Sexualität etwas Intimes ist, dass bei Hochzeiten Brautkleid und Anzug eine Rolle spielen. Dieses implizite „Gesellschafts“-Wissen ist einfach da und wird nur dann hinterfragt und verändert, wenn ganz explizit etwas anderes erlebt wurde.
Kinder im Schulalter sind mitunter auch stolz darauf, begriffen zu haben, wie die Gesellschaft „tickt“. Verhaltensweisen, die dem neuen Regelverständnis widersprechen, werden sofort erkannt. Es ist jenes Alter, in dem Kinder auch den eigenen Eltern immer wieder sagen was „man darf“ und was nicht. Es ist jenes Alter, in welchem es für das Kind höchst irritierend sein kann, wenn die eigene Familie scheinbar komplett anders funktioniert als andere.
Haben „alle“ anderen Familien im Kinderfreundeskreis ein oder sogar zwei Autos, dann wird plötzlich das, was mehr als 6 Jahre familiäre Normalität war, hinterfragt – Warum haben wir kein Auto ? Warum müssen wir immer mit dem Zug fahren und den Rucksack schleppen?
Anders sein bedeutet nicht unbedingt besser oder schlechter. Anders sein bedeutet ein gewisses „Gruppenmerkmal“ nicht zu erfüllen. Dies kann bedeuten etwas Besonders zu sein. Anders sein kann aber auch bedeuten, ausgeschlossen zu werden.
Nahezu alle Menschen wollen von anderen Menschen geliebt und aufgrund ihrer Persönlichkeit beachtet werden. Nahezu alle Menschen wollen auch irgendwo dazugehören dürfen. Kinder wollen auch dazugehören dürfen. Ausschluss demütigt, macht wütend und irgendwann auch aggressiv.
Kinder (aus Familien), die von den meisten anderen Kindern einer Gruppe oder Schulklasse als anders wahrgenommen werden, brauchen Erwachsene, die durch ihre entspannte und positive Haltung Möglichkeiten schaffen, um Zugehörigkeiten entstehen zu lassen.
Zugehörigkeit in einer Gruppe entsteht durch gemeinsame Aktivitäten, durch Spiele, durch unterschiedliche Aufgabenverteilungen, durch gemeinsame Lagerfeuer, durch gemeinsames Singen, Musizieren, Theaterspielen…. Es sind die verantwortlichen Erwachsenen, die Pädagogen und Pädagoginnen, die Eltern der anderen Kinder, die BetreuerInnen von Kindergruppen, die gruppendynamisch stützen können, die zeigen können, dass Zuneigung und ein gutes Gruppengefühl ganz unabhängig von sichtbaren, äußeren Zeichen sind. Die Kleidungswahl, die Hautfarbe, die Lesefähigkeit, die Familienkonstellation entscheiden nicht über Freundschaften und Gruppenfähigkeiten. Zugehörigkeit entsteht aber nicht, wenn das besondere Kind immer wieder als etwas Besonderes, das völlig normal ist, hervorgehoben wird.
Es braucht aber auch Kommunikation. Es braucht Offenheit, es braucht Transparenz. Es braucht Antworten, es braucht vielleicht auch Bücher und Bilder über Familien, es braucht Gespräche über Individualitäten, über Hobbies und Fähigkeiten, es braucht Fotos aus der eigenen Kindheit, es braucht Einladung über sich selbst zu sprechen.
Pädagoginnen und Pädagogen im Schul- und Kindergartenbereich können Familien, die scheinbar anders sind, aktiv unterstützen. Noch schärfer formuliert könnte man sagen, dass Kindergarten und Schule eine gesellschaftliche Verantwortung haben, Familien die anders sind, zu unterstützen – immerhin ist es auch die Gesellschaft, die dieses Anderssein definiert.
Der erste Freund – die erste Freundin..
Manche posaunen es in die ganze Welt hinaus und andere verheimlichen es, solange es möglich ist: Die erste sexuelle Beziehung. Die erste sexuelle Beziehung macht nach außen hin deutlich, was meist schon längst klar ist: Das eigene Kind ist kein Kind mehr. Es mag in finanzieller Hinsicht noch abhängig sein, es wohnt vielleicht noch bei den Eltern und muss daher die sozialen Regeln des Zusammenlebens in der Wohnung weitgehend annehmen. Dennoch gibt es einen sehr erwachsenen Anteil: Die Gestaltung einer erwachsenen sexuellen Beziehung.
Die eigene Tochter, der eigene Sohn verlieben sich sexuell in jene Person, die für sie oder ihn sexuell anziehend ist. Ohne dass sie es selbst beeinflussen können. In einer Familie in der es bisher Normalität war über Gefühle zu sprechen, in der vermittelt wurde, dass Menschen verschieden sind und daher auch ganz unterschiedliche Beziehungsmodelle wählen, wird es innerhalb der Familie kaum eine große Aufregung geben, wenn der Sohn seinen ersten Freund oder die Tochter ihre erste Freundin vorstellt.
Eltern, die deutlich machen, dass sie „es nicht dulden würden“, wenn die eigene Tochter oder der eigene Sohn eine lesbische oder schwule Beziehung hat, zwingen ihre Kinder zum Lügen oder dazu den Kontakt zu den Eltern abzubrechen.
Eltern, die Probleme mit der Beziehungswahl ihrer Kinder haben und diese sogar als abnormal sehen, mischen sich damit in die intimsten Belange ihres Kindes ein und gehen damit einen Vertrauensbruch ein: Denn die erwachsene Sexualität des eigenen (erwachsenen) Kindes liegt nicht im Verantwortungsbereich der Eltern.
Die erste homosexuelle Beziehung zu haben bedeutet auch mit gesellschaftlichen Normen und Mythen konfrontiert zu werden. Die Tochter/der Sohn brauchen stabile Eltern, die sie unterstützen mit diesen Konfrontationen umzugehen, sie brauchen Sicherheit in der Beziehung zu ihren Eltern – und sie brauchen auch all das, was alle Menschen brauchen, wenn sie dabei sind ihre ersten sexuellen Beziehungen mit anderen zu leben: Ein respektvolles, zurückhaltendes Umfeld, das genau jene Informationen weitergibt, die als hilfreiche Unterstützung angenommen werden können.
Mag.a Heidemarie König
Pädagogische Leitung des Österreichischen Instituts für Sexualpädagogik und Sexualtherapien
www.sexualpaedagogik.at
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Sexualpädagogin, Klinische Sexologin nach Sexocorporel, Bio- und Neurofeedbacktherapeutin
Sexualpädagogische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Lehrgangsleitung Praxisorientierte Sexualpädagogik
Fachfortbildungen für Multiplikator*innen
Elternabende
Fachsupervision
Lehrtätigkeit an der Fachhochschule
Gabriele Rothuber
Geschäftsführung & Teamleitung der Fachstelle Selbstbewusst
www.selbstbewusst.at
Psychologische Beraterin in Ausbildung unter Supervision, Dipl. Sexualpädagogin, Systemische Traumapädagogin und -Fachberaterin, Sexualberaterin, Fachkraft in Prävention und Intervention in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Themenfeld sexuelle Gewalt, Referentin für Sexuelle Bildung an der Sigmund Freud Universität.
Intersex / Zwischengeschlechtlichkeit – geschlechtliche Vielfalt anerkennen
Jedes Kind wird mit seinem eigenen, individuellen Geschlecht geboren – und manche kommen mit einem eindeutig „intersexuellen“ zur Welt, d.h. sie sind nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Normgeschlecht zuordenbar, haben Anteile beider Normgeschlechter, passen irgendwie nicht so recht in unsere Vorstellung dieser beiden Pole – und bringen unser „Weltbild“ ins wanken.
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