Es ist normal für junge Menschen, sich für Sex zu interessieren und neugierig zu sein. Jugendliche nutzen Pornografie häufig, um über Sexualität zu lernen. Sexuelle Inhalte sind in der digitalen Welt allgegenwärtig und jederzeit – oft kostenlos abrufbar. Doch gezeigt wird zumeist ein verzerrtes Bild.
Eltern reagieren häufig verunsichert. Sie fragen sich, wie sinnvoll reagieren.
Warum überhaupt darüber reden?
Während junge Kinder im Netz oft zufällig auf die ersten pornografischen Inhalte stoßen, suchen Teenager oft schon gezielt danach. Für manche wird das Schauen von Pornos ein normaler Teil ihrer Sexualität, andere sind von dem Gesehenen verunsichert und irritiert.
„Main-Stream-Pornos zeigen meist eine Form von Sexualität, in der Emotionen, Sinnlichkeit, Beziehung, Einvernehmlichkeit oder Verhütung keine Rolle spielen“, berichtet Mag. (FH) Michael Kurzmann, Leiter der Fachstelle für Burschenarbeit in Graz. Sie stellen meist nur die Lust des Mannes in den Mittelpunkt. Häufig wird auch erniedrigendes oder gar gewalttätiges Verhalten – vor allem Frauen gegenüber – dargestellt.
Dadurch können verzerrte Vorstellungen von Sexualität entstehen und Gewalt gegen Frauen normalisiert werden. Erwartungen können sich herausbilden, die Druck machen. Jugendliche fragen sich vielleicht, ob sie ihre Sexualität auch so leben müssen.
„Ein wirksamer Weg, junge Menschen hier zu unterstützen, ist fundierte Infos anzubieten, die aufzeigen, was Pornos eigentlich sind, unter welchen Bedingungen sie entstehen und wie wenig sie mit der Lebenswelt realer Menschen zu tun haben“, so Psychoanalytiker Michael Kurzmann.
Aus diesem Grund haben die Fachstelle für Burschenarbeit gemeinsam mit LOGO-Jugendmanagement ein Projekt zu Pornografie Kompetenz ins Leben gerufen. Unter https://www.logo.at/pornokompetenz# gibt es Fakten, Quizes, Videos und Infomaterial rund um das Thema Pornografie, altersgerecht und oft auch humorvoll aufbereitet.
Ein Online-Padlet lädt Eltern und Jugendliche zur Eigenrecherche ein:
https://padlet.com/LOGOjugendmanagement/ezj619f01ikemvzs
„Unser Ziel ist, Jugendliche darin zu bestärken, einen selbst- und sozialverantwortlichen Umgang mit Pornos und sexuellen Inhalten in Medien zu entwickeln“, berichtet Michael Kurzmann.
Das Projekt „Pornografie Kompetenz“ als Beitrag zu gelingender Sexueller und Digitaler Bildung“ wird gefördert vom Land Steiermark – Ressort Gesundheit, Pflege, Sport und Gesellschaft.
Wie mit Kindern und Jugendlichen über Pornos sprechen?
Aktuelle Studien belegen: Eltern sind die wichtigsten Ansprechpartner:innen für ihre Kids, wenn es um Aufklärung geht. Doch viele tun sich schwer, mit ihren Kindern und Jugendlichen über Pornos zu sprechen.
Rechtlich gesehen dürfen Personen unter 18 keine Pornos konsumieren. Aber sie werden Kids nicht davon abhalten können, wenn sie mit Strafen drohen.
Zuhören: Es ist deshalb wichtig, mit und nicht zum Kind zu sprechen. Zuhören, Geduld zu haben und Begriffe wie „schlecht“ oder „falsch“ sollten vermieden werden.
Respekt: Respektieren Sie die Meinungen und Grenzen Ihrer Kids. Vermeiden Sie Witze. Das könnte ihnen peinlich sein.
Der richtige Moment: Es ist okay, wenn sie sich bei diesem Thema unwohl fühlen. Das Gespräch sollte in einer für alle angenehmen Atmosphäre stattfinden, und ihr Kind auch dazu bereit sein. Öffentliche Plätze eignen sich kaum, eine längere Autofahrt oder ein Spaziergang eher schon.
Überlegen Sie sich vorher, welche Botschaften sie vermitteln möchten. Ein guter Ansatz wäre, Wissen vermitteln zu wollen, nicht zu bestrafen, sondern für Fragen immer zur Verfügung zu stehen.
Zum Einstieg nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Besser offene Fragen stellen:
„Im Internet werden mir manchmal Werbung mit nackten Menschen vorgeschlagen. Ist dir das auch schon mal passiert? Was denkst du darüber…?
Worüber reden?
„Echter“ Sex hat oft wenig damit zu tun, was in Pornos gezeigt wird
Pornos werden von Schauspieler:innen dargestellt. Es geht darum, Geld zu verdienen
Oft werden Männer gezeigt, die Frauen dominieren – in der Realität sollten alle Partner die gleichen Rechte haben
Was Pornos selten zeigen: Gewaltfreiheit und Konsens – alle Beteiligten müssen zustimmen, was beim Sex geschieht: „Wenn Du dir unsicher bist, ob jemand einverstanden ist, musst du nachfragen und innehalten!“
Eine Frage des Alters
Bei Kindern unter 14 Jahren ist es gut, einmal abzuklären, ob sie wissen, was Pornos sind. Wenn nicht, können sie erklären, dass es Fotos oder Videos gibt, die Leute beim Sex zeigen. Fragen sie ihr Kind, was eine „gute“ Beziehungen oder Freundschaften ausmacht. Erklären Sie, dass diese Werte in Pornos kaum gezeigt werden.
Bei Jugendlichen über 14 Jahren, können je nach Erfahrung und Entwicklung ganz andere Fragen gestellt werden:
Was glaubst Du: Welchen Einfluss haben Pornos auf Deine Mitschüler:innen, Freund:innen?
Welche Botschaften verbreiten Pornos, was das Verhältnis von Männer und Frauen betrifft?
Gibt es problematische Botschaften und wenn ja, welche?
Es sollten immer wieder mal Gespräche stattfinden. Das nimmt den Druck, beim ersten Gespräch alles „richtig“ machen zu müssen. Ihre Kids sollen verstehen lernen, dass Sie das Beste für deren aktuellen und späteren Beziehungen wollen.
Es können dann viele weitere wichtige Gesprächsthemen auftauchen – Beziehung, Schönheitsideale, Gruppendruck, Ekel und Scham, Rollenbilder….
Ein Infosheet und ein Gesprächsleitfaden im Web ermutigen Eltern mit Kids in passender Weise ins Gespräch zu kommen und wichtige Inhalte und Botschaften zu formulieren:
https://vmg-steiermark.at/burschenarbeit/pornografie-kompetenz
Für Fragen oder weitere Infos erreichen Sie uns unter info@burschenarbeit.atoder Tel. 0316/83 14 14
Heidemarie König
Pädagogische Leitung des Österreichischen Instituts für Sexualpädagogik und Sexualtherapien
www.sexualpaedagogik.at
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Sexualpädagogin, Klinische Sexologin nach Sexocorporel, Bio- und Neurofeedbacktherapeutin
Sexualerziehung ist Gewaltprävention
Sowohl Sexualität als auch Gewalt gelten als Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Als Themen, die nicht gerne offen angesprochen werden, die gerne versteckt werden und leichter thematisiert werden können, wenn es andere betrifft.
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