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Väter in der Krise: Supermann gesucht?

von Mag. Arno Hraschan

Elternbildung
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„Brauchen Sie Unterstützung beim Frauenarzt oder im Kreissaal? Sie kommen gerade in Erziehungsfragen nicht weiter? Sehnen Sie sich nach einer starken Schulter zum Anlehnen? Oder liegt Ihr monatliches Budget weit unter Ihren Vorstellungen und Sie hätten gerne jemanden, der hier finanziell einspringt? Die Lösung für diese Probleme ist einfach! Sie lautet…“

Egal welche emanzipierten und selbstbewussten Antworten Frauen auf diese Fragen heute finden, aus Sicht der Väter ist die Sache wie eh und je völlig klar: sie selbst sind die Lösung. Moderne Väter wollen für ihre Familie da sein, mit den Kindern Zeit verbringen und egal welche Probleme auftauchen, ihren Mann stehen. Sie wollen ein liebevoller Partner für Frau und Kinder sein, eine verlässliche Bindungsperson und ein engagierter Hausmann. Natürlich wollen sie dabei ihren Teil zum Familieneinkommen beitragen und die Mütter beim Wiedereinstieg ins Berufsleben unterstützen. Väter befürworten heute meist die Gleichberechtigung der Geschlechter und lehnen traditionelle Muster eher ab.

Im Gegensatz zu diesem modernen Vaterbild, zeigt sich aber in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die Geburt des ersten Kindes zu einer traditionelleren Rollenaufteilung innerhalb der Paarbeziehung führt, selbst wenn der Mann ursprünglich ein modernes Konzept vertrat. Ein zweites Kind verstärkt diesen Effekt. Während sich Männer anfangs um eine faire Aufteilung der Hausarbeit und um gleichberechtigtes Engagement bei den Kindern bemühen, nimmt beides mit der Zeit oft ab. Viele Väter scheinen sich in die Arbeit regelrecht zu flüchten, um letztlich doch der klassischen Rolle, als Brotverdiener, zu entsprechen. Auch Krisen dürften eine solche Entwicklung begünstigen.  Eine Studie der Arbeiterkammer Wien (2020) kam zu dem Ergebnis, dass Krisen eine Gleichstellung der Geschlechter nicht unterstützen, dass Home-Office Zeiten während des Corona-Lockdowns die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung nicht erleichtern und dass Frauen in Krisen die Hauptlast zu Hause tragen würden. Eine andere Studie der Väter gGmbH in Deutschland (2020) zeichnete allerdings ein spannendes entgegengesetztes Bild: 300 Väter gaben hier an, sie hätten sich während des Lockdowns mehr um ihre Kinder gekümmert, als davor.

Beide Studien werfen letztlich die Frage auf: Was machen Väter tatsächlich, wenn der Familienfrieden durch größere Krisen belastet wird, wie bei erzieherischer Überforderung, bei Krankheit, Arbeitslosigkeit, Trennung oder Scheidung, bei Gewalterfahrungen oder beim Tod eines bedeutsamen Familienmitglieds? Auch positive Ereignisse, können massiven Stress in Familien auslösen, wie berufliche Beförderungen, Heirat oder die Geburt eines Kindes.

Üblicherweise wollen Väter als Supermänner jede Widrigkeit stemmen, die ihnen das Leben aufbürdet. Dabei stellen Krisen oftmals ihre innerste Lebensanschauung in Frage und führen, wenn sie psychologisch unverarbeitet bleiben, längerfristig zu Überforderung bis hin zum Burnout. Gerade in traditionellen Familiensystemen bedeutet ein krisenbedingter Ausfall des Vaters nicht nur mehr Arbeit für die Mütter, sondern oft auch herbe finanzielle Einbußen, bis hin zum Abrutschen in die Armut.

Krisenbewältigung, bevor die Krise entstehtElternbildung

In der Geburtsvorbereitung für werdende Väter bekomme ich oft die Frage gestellt, ob die Geschichten über Männer, die im Kreissaal umkippen würden, tatsächlich stimmen. Ich antworte dann: „Männer, die ein Gefühl für ihre Grenzen entwickelt haben, passiert sowas in der Regel nicht!“ Dieses einfache Rezept scheint allgemein bei vielen Problemstellungen in der Väterberatung anwendbar zu sein. Es finden sich darin wesentliche Aspekte, die eine unglaublich starke schützende Wirkung vor Krisen haben: die eigenen Grenzen kennen, sie also ganz logisch intellektuell erfasst zu haben und ein Empfinden dafür zu entwickeln, welches Ausmaß an Belastungen man noch standhalten bzw. wieviel Stress man noch verarbeiten kann. Wenn Väter ein Gefühl für ihre Grenzen haben, wissen sie, wann und wieviel sie geben können und wo sie sich zurücknehmen müssen, um wieder Energie zutanken. Dafür braucht es aber auch ein Zulassen der eigenen Gefühle.

Manche junge Männer zeigen sich heute geprägt von Superheldenphantasien der Medien und alten Männlichkeitsvorstellungen, die leider wieder vermehrt, auch von politischen konservativen Kräften unterstützt werden. Dabei sind diese Vorbilder durchgehend besonders ungesund hinsichtlich der Verarbeitungsfähigkeit ihrer Gefühle. Härte ist ihnen erlaubt, ein Lachen ist noch in Ordnung, doch die eigene Verletzlichkeit muss versteckt, bekämpft, vernichtet oder erkaltet werden. Eine Zeit lang mag sowas funktionieren, doch spätestens in Krisenzeiten fehlt diesen Männern die Kompetenz im Umgang mit ihren Gefühlen. Sie erleben dann einen Kontrollverlust, der schwere Folgen haben kann, wie psychische und gesundheitliche Probleme oder unterschiedliche Formen von Gewalt.

Im Gegensatz zu kinderlosen Männern, verfügen Väter allerdings über einen Bonus: Sie haben ein Kind bekommen. Kinder suchen die emotionale Nähe Ihrer Väter und durch deren Bereitschaft, sich darauf einzulassen und sich mit ihren Gefühlen konstruktiv auseinander zu setzen, tun die Väter nicht nur sich selbst und ihren Kindern etwas Gutes, sondern sie beugen auch emotionaler Überforderung in Krisenzeiten vor.

Was tun, wenn sich Krisen nicht verhindern lassen können…Elternbildung

…dann heißt es handeln, damit die ganze Sache nicht schlimmer wird und die Probleme so gut wie möglich gemeinsam mit allen Betroffenen bewältigen. In erster Linie gilt es in Krisen den Stress zu reduzieren, um funktionsfähig zu bleiben. Väter, die mit Stress sicher umgehen können, dienen als Stütze für ihre Partnerinnen und als Rollenmodell für ihre Kinder. Hilfreiche Verhaltensweisen wären in Anlehnung an Bodenmann (2011) z.B.

  • das Sammeln von Informationen, um die Situation überhaupt einschätzen zu können
  • die Gefühle aller Beruhigen durch gutes Zureden
  • Entspannungsübungen anwenden, durch Sport und Bewegung Spannung abbauen
  • das Umdeuten der Situation (z.B. der Belastungssituation einen Sinn geben)
  • mit sich selbst positiv reden, sich Mut machen, sich an die eigenen Stärken und Kompetenzen erinnern
  • aktiv Handeln, die Sache anpacken, eine Lösung suchen (statt abzuwarten)
  • sich soziale Unterstützung holen durch Familie, Freunde etc.
  • Humor (lachen relativiert oft schwierige Situationen)

Umgekehrt gibt es einige negative Verhaltensweisen, die bei Stress vermieden werden sollten (es aber oft nicht werden):

  • sich oder anderen Vorwürfe machen, sich ärgern und einen Schuldigen suchen
  • Gedanken um das Thema kreisen lassen, Grübeln, gedanklich nicht loslassen können
  • negative Selbstgespräche (Pessimismus, Ratlosigkeit, Ohnmacht, düstere Zukunftsprognosen machen, sich selbst angreifen)
  • unkontrolliert die Gefühle herauslassen
  • selbstschädigendes Verhalten zeigen (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum)
  • das Problem vermeiden (es verändert sich dadurch nicht, die Ängste werden hingegen dadurch steigen)

Doch allem voran lege ich in der Beratung den Vätern folgende zwei Ratschläge ans Herz:

  1. Sprechen Sie über Ihre Krise! – Und das nicht nur mit der Partnerin, sondern auch mit anderen Männern. Nur auf diese Weise erfahren Väter, dass es anderen vielleicht ähnlich ergangen ist und welche Lösungen diese gefunden haben.
  2. Holen Sie sich Hilfe! – Je früher Väter das tun, umso besser können Krisen abgefedert werden. Väter müssen schwere Krisen nicht alleine bewältigen. Wichtig ist hierbei die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld und die professionelle Hilfe durch Familien- oder Männerberatungsstellen.

 

Literatur:

Bodenmann G. (2011), „Stress und Partnerschaft“, Huber Verlag

Janson M. (2020), „Väter kümmern sich in der Krise mehr um ihre Kinder“, https://de.statista.com/infografik/21864/anteil-der-vaeter-dazu-wer-fuer-die-kinderbetreuung-hauptverantwortlich-ist/

Mader K., Derndorfer J., Disslbacher F., Lechinger V., Six E. (2020), „Der Lockdown und die Unvereinbarkeit von Home-Office und Kinderbetreuung“, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

 


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