Kinder und Jugendliche kommunizieren heutzutage über viele verschiedene Kanäle. Sie unterscheiden dabei nicht zwischen Online- und Offlinewelt, sondern richten sich eher nach Zielgruppe und Anlass: Sie nutzen zum Beispiel WhatsApp für die Familienkommunikation, unterhalten sich mit ihren Freund:innen über Snapchat, tauschen sich auf Instagram über bestimmte Themen aus oder sind gemeinsam in Spielen aktiv. Ihre Kommunikation läuft also über ganz unterschiedliche Plattformen – von Messengern und sozialen Netzwerken über Chaträume wie Discord bis hin zu Onlinespielen. Welche Netzwerke von Jugendlichen aktuell am stärksten genutzt werden, zeigt der jährlich im März veröffentlichte Jugend-Internet-Monitor.
Ab welchem Alter sind soziale Netzwerke erlaubt?
Die Nutzungsbestimmungen sozialer Netzwerke orientieren sich meist an der amerikanischen Gesetzgebung und schreiben ein Mindestalter von 13 Jahren vor. In Österreich ist allerdings die Altersgrenze nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant: Ab 14 Jahren dürfen Jugendliche selbst bestimmen, wer ihre Daten nutzen darf, daher dürfen sie erst ab diesem Zeitpunkt selbstständig entsprechende Apps installieren. Allerdings können Eltern auch jüngeren Kindern die Nutzung erlauben, wenn sie dies für sinnvoll erachten.
Das Mindestalter von 14 Jahren hat im Alltag aber wenig Bedeutung, da auch jüngere Kinder die meisten App problemlos installieren und nutzen können – das Mindestalter wird von den Betreibern nämlich nicht überprüft. Unserer Einschätzung zufolge müssen daher derzeit weder Kinder noch deren Eltern mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn sie jünger als 14 sind und soziale Netzwerke verwenden.
Datenschutz – worauf sollte man achten?
Generell gilt: Mit persönlichen Informationen sollte man online sehr sorgsam umgehen. Sensibilisieren Sie ihr Kind dafür, welche Daten es über sich selbst preisgibt – sei es bei der Wahl des Profilnamens (z. B. Klarname vs. Nickname) oder bei den Informationen, die es mit anderen teilt. Vor allem personenbezogene Daten wie Wohnadresse, Telefonnummer, Geburtsdatum und dergleichen sollten nicht leichtfertig veröffentlicht werden und gehen Fremde nichts an. Es macht daher Sinn, gemeinsam die Privatsphäreeinstellungen der genutzten Netzwerke durchzugehen. Achten Sie auch darauf, ob und wie die einzelnen Konten und Netzwerke Ihres Kindes miteinander verknüpft sind. Durch verknüpfte Konten können die Dienste beispielsweise viel einfacher und umfassender persönliche Informationen sammeln – das macht es schwieriger, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten.
Kinder und Jugendliche sollten auch gut überlegen, welche Netzwerke sie wofür nutzen. Sich Nacktbilder über Snapchat zu schicken ist beispielsweise wenig sicher, da hier nicht klar ist, welche Inhalte wo und wie gespeichert werden. Die Annahme, dass ein Bild nach dem Anschauen „weg“ ist, stimmt nicht immer. Doch nicht nur die unverschlüsselte Übertragung bzw. Speicherung und Nutzung von Daten auf Seiten der Anbieter – sowie die eventuell im Kleingedruckten versteckte Übertragung von Nutzungsrechten an Bildern – ist problematisch; auch die Nutzung von Inhalten durch den Empfänger bzw. die Empfängerin kann heikel sein. So ist Jugendlichen z. B. das einvernehmliche Tauschen von Nacktbildern erlaubt, wenn beide mindestens 14 sind. Dass das Weiterleiten eines solchen Bildes an Dritte in weiterer Folge aber sehr wohl strafbar ist, wissen nur wenige. Hier herrscht bei Jugendlichen noch wenig Unrechtbewusstsein!
Wieviel Zeit vor dem Bildschirm ist okay?
Wenn das Interesse für soziale Netzwerke erwacht, haben Eltern schnell das Gefühl, dass Ihr Kind viel zu viel Zeit mit TikTok, Instagram, WhatsApp & Co. verbringt. Auch wenn sich die meisten Eltern hier eine konkrete Orientierungshilfe wünschen – eine allgemeingültige Empfehlung für die richtige Bildschirmzeit gibt es, vor allem bei älteren Kindern und Jugendlichen, nicht. Kinder sind individuell und haben ganz unterschiedliche Limits. Gerade bei Älteren machen starre zeitliche Vorgaben zudem oft weniger Sinn als gemeinsame Vereinbarungen.
Wichtig ist, dass Sie Ihrem Kind dabei helfen, erste Erschöpfungsanzeichen wie zum Beispiel müde Augen oder Konzentrationsschwierigkeiten zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Unterstützen Sie es dabei, Bildschirmpausen zu machen, wenn es zu viel wird, und bieten Sie ihm konkrete Alternativen an – das kann ein kurzer Spaziergang sein, gemeinsames Kochen, ein spannendes Buch oder etwas ganz anderes. Versuchen Sie aber, die Bedeutung der Onlinekommunikation für Ihr Kind anzuerkennen und keine vorschnellen Bildschirm-Verbote auszusprechen!
Was auch gut tut – im Übrigen nicht nur unseren Kindern, sondern auch uns Erwachsenen – ist regelmäßige Ausgleichsgymnastik: Verschiedene Übungen für Augen, Nacken, Schultern und Arme können den Körper vom langen Sitzen vor dem Bildschirm entlasten und lassen sich immer wieder zwischendurch ausführen. Mit den Augen zu rollen und bewusst zu blinzeln, Kopf und Schultern in beide Richtungen zu kreisen oder die Arme nach oben zu strecken, wie wenn man Äpfel pflückt, sind nur einige Ausgleichsübungen, die schnell und effektiv helfen können.
Algorithmen, Filterblasen und Rabbithole-Effekt – was ist das?
Egal ob TikTok-Videos oder Insta-Reels: Soziale Netzwerke nutzen Algorithmen, die bestimmen, welche Inhalte wir angezeigt bekommen. Durch die automatisierte Auswahl von Inhalten, die unseren bisherigen Aktivitäten und Interessen entsprechen, kann eine sogenannte Filterblase entstehen – ein eingeschränktes Wahrnehmungsfeld, das unsere bestehenden Meinungen bestätigt und andere Perspektiven ausblendet. Diese personalisierte Filterung kann Nutzer:innen auch dazu bringen, mehr und mehr Zeit mit dem Konsumieren verwandter Inhalte zu verbringen. Dadurch können sie in eine Art Spirale geraten, in der sie von einem Inhalt zum nächsten geführt werden – oft mit immer spezifischeren oder extremeren Inhalten. Wenn sich jemand z. B. für Fitnessvideos interessiert und schließlich bei extremen Diät- oder Bodybuilding-Videos landet, spricht man vom „Rabbithole-Effekt“.
Ein Bewusstsein für diese Phänomene und für die Funktionsweise von Algorithmen zu haben hilft dabei, Filterblasen und Rabbitholes zu entkommen. Besprechen Sie mit Ihrem Kind daher, wie die Inhalte in den Newsfeeds und Timelines der sozialen Netzwerke zustande kommen. Halten Sie es dazu an, verschiedene – auch analoge – Informationsquellen zu nutzen, Informationen in sozialen Netzwerken stets kritisch zu hinterfragen und bewusst nach anderen Perspektiven und Inhalten zu suchen. Viele Plattformen bieten auch die Möglichkeit, die Personalisierung von Inhalten zu deaktivieren oder einzuschränken.
Tipps für Eltern
- Begleiten Sie Ihr Kind. Unterstützen Sie es bei den ersten Schritten in der digitalen Welt und bleiben Sie auch danach im Austausch. Entdecken Sie gemeinsam die Einstellungsmöglichkeiten der Plattformen, helfen Sie ihm beim Einordnen von Informationen und sprechen Sie regelmäßig über seine Onlineerfahrungen sowie die Inhalte, die es konsumiert.
- Besprechen Sie den Umgang mit persönlichen Daten. Überlegen Sie bei der Ausgestaltung von Onlineprofilen gemeinsam, was in Ordnung ist und was nicht. Halten Sie Ihr Kind dazu an, immer gut zu überlegen, welche Informationen es im Internet preisgibt und mit wem es diese teilt.
- Vereinbaren Sie Bildschirmzeiten. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, zu welchen Zeiten über Handy und Internet kommuniziert werden darf und wann nicht (z. B. nachts oder während gemeinsamer Mahlzeiten). Wichtig ist, solche Regeln gemeinsam aufzustellen – denn diese sind nur dann wirksam, wenn Ihr Kind sie versteht und akzeptiert. Regelmäßige und bewusste Onlinepausen können auch dabei helfen, negativen Phänomenen wie dem Rabbithole-Effekt zu entkommen.
- Stehen Sie bei Problemen zur Verfügung. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es sich auch bei Problemen jederzeit an Sie wenden kann. Versuchen Sie im Anlassfall, gemeinsam eine Lösung zu finden, anstatt zu schimpfen – das ist wenig hilfreich und sorgt eher dafür, dass sich Ihr Kind bei Schwierigkeiten künftig nicht mehr an Sie wendet.
- Seien Sie ein Vorbild. Leben Sie Ihrem Kind vor, dass man auch online respektvoll miteinander umgeht. Schauen Sie beispielsweise darauf, sich bei Konflikten in der Familien-Chatgruppe achtsam und konstruktiv zu verhalten. Zeigen Sie Ihrem Kind auch, dass man den Kontakt mit Freund:innen und Familie auch offline – z. B. beim gemeinsamen Sport oder anderen Aktivitäten – pflegen kann.
Barbara Buchegger
ist pädagogische Leiterin der EU-Initiative Saferinternet.at und Expertin für Medienpädagogik, Internetsicherheit, digitale Kompetenzen, Onlinedidaktik und Erwachsenenbildung.
Ungeeignete Inhalte im Internet: Pornos, Gewalt und Selbstschädigung
Kinder kommen heute immer früher immer wieder mit Onlineinhalten in Kontakt, die für sie nicht geeignet sind. Besonders im Volksschulalter suchen Kinder allerdings noch nicht aktiv nach Pornos, Gewaltvideos oder Seiten, die zur Selbstverletzung anregen –
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