Es ist ein bekanntes Szenario für viele Eltern: Das eigene Kind möchte unbedingt ein bestimmtes Computerspiel spielen, das man selbst fürchterlich findet – zum Beispiel, weil es Gewalt beinhaltet oder schlechte Vorbilder vermittelt. Wie kann man als Elternteil mit dieser Situation umgehen?
Computerspiele allein machen nicht gewalttätig
Vor allem Computerspiele, die Gewaltdarstellungen beinhalten, verunsichern viele Eltern. Daher gleich zu Beginn die gute Nachricht: Machen Sie sich keine Sorgen, dass Ihr Kind durch gewalthaltige Spiele selbst gewalttätig werden könnte – damit sich ein Kind in diese Richtung entwickelt, sind mehrere Faktoren ausschlaggebend; Computerspiele allein können nicht solch massive Auswirkungen haben, wie zahlreiche Studien belegen.
Dass Kinder und Jugendliche von Gewaltdarstellungen in Spielen fasziniert sind, hat verschiedene Gründe – und viele davon sind ganz harmlos. So bieten gewalttätige Spiele Adrenalin und Spannung, ermöglichen es, dem Alltag zu entfliehen und erlauben den Spieler:innen, Rollen zu übernehmen, die sie im echten Leben nicht ausleben können. Die Faszination für Gewalt hat auch mit der Lust am Verbotenem und dem Ausloten von Grenzen zu tun, was ein normaler Aspekt des Erwachsenwerdens ist.
Altersfreigaben für Computerspiele: Kann ich mich darauf verlassen?
Bei der Entscheidung, ob man dem eigenen Kind ein bestimmtes Spiel erlauben soll oder nicht, orientieren sich viele Eltern an offiziellen Altersempfehlungen. Doch die Altersfreigaben von USK, PEGI und der Appstores weichen oft voneinander ab, da unterschiedliche Kriterien bewertet werden. Grundsätzlich orientieren sich die Altersangaben an den Inhalten der Spiele und informieren nicht über deren tatsächliche Spielbarkeit – das heißt, dass z. B. ein Spiel mit der Altersfreigabe „5“ viel zu komplex sein kann, um tatsächlich von Kindern dieser Altersstufe gespielt werden zu können.
Woher sollen Eltern nun aber wissen, ab welchem Alter ein Spiel geeignet ist? In erster Linie gilt: Wie gut ein Kind mit fordernden Inhalten umgehen kann, ist sehr individuell. Manche Kinder sind schnell verstört, andere scheinbar komplett furchtlos. Auch viele andere Faktoren spielen eine Rolle: So können jüngere Geschwister beispielsweise mitunter viel ärgere Dinge aushalten als deren ältere Geschwister zum gleichen Alterszeitpunkt; und Kinder, die in Haushalten mit permanenter Fernsehbeschallung aufwachsen, scheinen öfters abgestumpft und reagieren weniger auf belastendende Inhalte.
Um zu entscheiden, ob ein Spiel geeignet ist und sinnvolle Regeln aufzustellen, ist es also wichtig, das eigene Kind gut zu kennen. Nichtsdestotrotz können Altersfreigaben dabei eine gute Orientierung bieten. Nutzen Sie hierfür auch die hilfreichen Spieleempfehlungen von bupp.at und spielbar.de sowie den Spieleratgeber-NRW.
„Die anderen spielen das auch!“ – wie mit Gruppendruck umgehen?
Nicht immer möchten Kinder ein Spiel nur deshalb spielen, weil sie es so toll finden – oft spielt dabei auch der Gruppendruck eine Rolle. Wird ein Spiel zum Beispiel von „allen in der Klasse“ gespielt, will das eigene Kind vielleicht auch mitmachen, obwohl es die Inhalte des Spiels eigentlich gar nicht so gut findet. Solche für Kinder ambivalenten Situationen kommen immer wieder vor.
Wenn Sie merken, dass Ihr Kind in einer solchen Zwickmühle steckt, überlegen Sie gemeinsam, was mehr Gewicht hat: Dazuzugehören und mitreden zu können oder sich selbst vor belastenden Inhalten zu schützen? In beiden Fällen lassen sich gute Kompromisse finden: Um sich nicht ausgeschlossen zu fühlen, könnte Ihr Kind zum Beispiel sogenannte „Let’s Plays“ anschauen, also Videos, in denen man anderen Gamer:innen beim Spielen und Kommentieren des Computerspiels zusehen kann – das ist weniger belastend, als selbst zu spielen, und bietet dennoch die Möglichkeit, mitzureden.
Möchte sich Ihr Kind den belastenden Inhalten eigentlich gar nicht aussetzen, kann es wiederum eine Lösung sein, die Schuld auf die Eltern zu schieben: Behauptungen wie „Meine Mama hat mir verboten, das zu spielen. Die ist so gemein, ich würde ja eh gerne…“ können dem Kind helfen, das eigene Ansehen zu wahren, ohne sich mit unerwünschten Inhalten auseinandersetzen zu müssen. Natürlich sollte der als Spielverderber:in vorgeschobene Elternteil in diesem Fall Bescheid wissen, dass sie bzw. er das Spiel angeblich verboten hat…
Tipps für Eltern
- Versetzen Sie sich in Ihr Kind hinein. Versuchen Sie herauszufinden, warum Ihr Kind unbedingt ein bestimmtes Spiel spielen möchte, das Sie nicht gutheißen. Wenn Sie nachvollziehen können, welchen Mehrwert dieses ihrem Kind bietet, können Sie die Inhalte vielleicht eher tolerieren.
- Nicht verurteilen, sondern darüber reden. Versuchen Sie, mit Ihrem Kind offen und sachlich über das Spiel zu reden. Erklären Sie ruhig, was Sie daran problematisch finden, lassen Sie sich von Ihrem Kind aber durchaus auch von positiven Aspekten überzeugen.
- Lernen Sie das Spiel besser kennen. Das schafft eine gute Gesprächsbasis und ein besseres Verständnis. Sie müssen das Spiel gar nicht unbedingt selbst spielen – oft ist man dazu ohne Spielerfahrung gar nicht in der Lage –, sondern können auch Let’s-Play-Videos auf YouTube nutzen.
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