Die Gefühlslage der zukünftigen großen Geschwister ist in der Zeit der Schwangerschaft und auch dann, wenn das Baby erst mal da ist, nicht immer nur positiv. Eifersucht, Trotzanfälle und auch Wut gehören genauso dazu. Einige einfache Tipps können dabei helfen, dass es emotional leichter wird ein großer Bruder oder eine große Schwester zu werden.
Juhu, ich werde ein großer Bruder!
Die Nachricht, die von den Eltern mit überwältigender Freude berichtet wird, dass man ein Geschwisterchen bekommt, wird meist auch von den Kindern in der Familie erstmals positiv bis neutral aufgenommen. Erst mit der Zeit kommen dann so kleine Zweifel auf, dass wohl doch nicht alles ganz so rosig wird. Für uns Erwachsenen ist dieses Unwohlgefühl oder die Eifersucht der größeren Geschwister vielleicht besser verständlich, wenn wir uns vor Augen führen, dass die Veränderung für das Kind vergleichbar ist, mit den Veränderungen für die Eltern nach der Geburt des ersten Kindes. Und sind wir mal ganz ehrlich – auch bei uns hat sich mit der Geburt des ersten Kindes so einiges verändert und auch wir waren nicht selten verunsichert und wussten nicht immer gleich, wie mit den neuen Situationen umzugehen.
Ich will doch kein großer Bruder sein…
Kinder sind bei der Geburt des Geschwisterchens häufig mitten in der sogenannten Trotzphase (rund zweites bis drittes Lebensjahr). Also eigentlich voll mit sich selbst, den auftretenden Problemen und Konflikten in dieser Zeit und dem Loslösen von den Eltern beschäftigt. Und ausgerechnet da taucht dann ein niedliches, kleines Baby auf, das einfach den Platz auf Mamas und Papas Arm übernimmt – so einfach lassen sich die meisten Kinder nicht von ihrem Platz vertreiben und reagieren mit Wut, Eifersucht und noch mehr Trotzanfällen. Daher schauen wir uns nachstehend an, wie wir Erwachsene die Kinder bestmöglich auf die zu erwartenden Veränderungen während der Schwangerschaft, mit der Geburt und während der ersten Zeit mit dem neuen Geschwisterchen vorbereiten und einbeziehen können. Manchmal lässt sich die Eifersucht durch gute Vorbereitung und Einbeziehen der größeren Geschwister vermeiden, größtenteils aber zumindest minimieren.
Weg mit dem Baby! Ich will auf Mamis Schoß!
Grundsätzlich gilt für uns Erwachsene: Versuche so gelassen, wie möglich mit der Eifersucht deiner Kinder umzugehen! Sätze wie: „Wann bringen wir das Baby wieder zurück?“, „Eigentlich hätte ich lieber einen Hund, anstatt meines Bruders gehabt.“ oder „Ohne Baby war es viel schöner.“, sind für Kinder ganz normal und wir Erwachsene sollten vorbereitet sein, dass es zu solchen Aussagen kommen kann. Das Baby beansprucht gerade in der ersten Zeit den größten Teil der elterlichen Aufmerksamkeit und wird schon fast als Rivale gesehen. Dies gilt es zu vermeiden bzw. zu ändern. Unten angeführte Tipps können dabei vielleicht helfen.
Tipps und Trick für die Vorbereitung auf das Geschwisterchen
Von Vorteil ist es den größeren Kindern erst dann von der Schwangerschaft erzählen, wenn der Babybauch schon erkennbar ist, oder das Baby „von außen“ spürbar ist. Bilderbücher können eine Hilfe sein, den Kindern zu erklären, wie ein Baby entsteht und wie es sich im Bauch entwickelt. Wenn die Geschwister groß genug sind, können sie die Mama bei einem Arztbesuch begleiten und das Baby beim Ultraschall beobachten und seine Herztöne hören.
Bitte weckt bei den Großen keine falschen Hoffnungen, was mit dem Baby alles gemacht werden kann. Am Anfang ist das Baby kein Spielkamerad. Es schläft viel, trinkt, ist kurz wach, sieht ein bisschen herum und schläft dann wieder ein. Dazu kann man auch die Babyfotos der Geschwister anschauen, damit sie eine Vorstellung von dem Baby bekommen und davon, wie der Tagesablauf von einem Baby ausschauen kann.
Die Beziehung zum Ungeborenen kann gefördert werden, in dem man ihm zum Beispiel jeden Abend vorm Schlafen gehen ein Gute-Nacht-Lied vorsingt, oder man einfach mit dem Ohr auf Mamas Bauch lauschen kann. Weiters können die Großen in die Vorbereitungen miteinbezogen werden: „Welches Kuscheltier/Wickeltisch/Kleidungsstück würde dir für unser Baby gefallen?“
Gegen Ende der Schwangerschaft wird den großen Geschwistern erklärt, dass die Mama bei der Geburt des Geschwisterchens ins Krankenhaus muss (außer es ist eine Hausgeburt geplant), dort aber nichts Schlimmes mit ihr passiert. Weiters wird den Kindern auch erklärt, wer in dieser Zeit auf sie aufpassen wird bzw. bei ihnen sein wird. Das gibt den Kindern Sicherheit.
Das Geschwisterchen ist da
Nun ist das Baby da. Alle finden es sooo süß, nett und niedlich. Auch dann wenn es schreit, furzt und die Windel füllt, ja sogar dann, wenn die Milch wieder ausgespuckt wird. Was macht diese neue Situation jedoch mit den großen Geschwistern?
Süßes Baby vs. eifersüchtige Große
Die neue Familienkonstellation muss sich erst wieder ordnen. Neue Rollen werden eingenommen und ausgetestet. Die Großen, die manchmal schreien und wütend werden, obwohl es doch scheinbar keinen ersichtlichen Grund dafür gibt, erleben, dass sie in der Familie mit all ihren Gefühlen einen Platz haben. Jene, die nachfragen, wann das Baby denn nun endlich wieder zurückgebracht wird, erleben, dass ein Miteinander möglich ist, ohne dass die Liebe von Mama und Papa kleiner wird, obwohl sie geteilt wird. Dies gelingt, mit ein paar einfachen Tricks in der ersten Zeit nach der Geburt des Babys.
Ich bin wertvoll
Manche Eltern überlegen sich ein Geschenk für den großen Bruder/die große Schwester, wenn es dann die Mama mit dem Baby im Krankenhaus besuchen kommt. Kinder freuen sich natürlich sehr über eine besondere Aufmerksamkeit nur für sie. Besucher können freundlich darauf hingewiesen werden, dass sie sich doch bitte zuerst ganz bewusst mit den Größeren beschäftigen, bevor sie das Baby begrüßen. So haben die Kinder nicht den Eindruck, dass sich alle nur für das Baby interessieren.
Weiters werden die Großen in den Alltag mit einbezogen. Sie können helfen die Windel zu holen, das Baby einzucremen, bei der Kleiderwahl beraten oder einfach einen Teddy füttern, während das Baby gefüttert wird. Wird dann gleichzeitig noch Verständnis für die Gefühle der Großen gezeigt, wirkt sich dies besonders positiv aus. Ein Satz von Mama oder Papa wie zum Beispiel „Manchmal nervt das Baby ganz schön, wenn wir gerade begonnen haben, ein Buch zu lesen, und es zu schreien anfängt – findest du nicht auch?“ kann Balsam für die Seele sein.
Nicht noch mehr Neues
Wenn möglich sollten noch mehr Neuerungen für die älteren Geschwister vermieden werden. In dieser Zeit ist es nicht ratsam den Schnuller abzugewöhnen, vom Gitterbett in ein größeres Bett zu übersiedeln, oder mit der Sauberkeitserziehung zu beginnen. Weiters ist es wichtig, die Größeren in der ersten Zeit nicht ausschließen. Sie zum Beispiel nicht bei Oma übernachten lassen, wenn es nicht von den Kindern selbst gewünscht wird, da sie dadurch eine furchtbare Zurückweisung erleben könnten. Gleichzeitig werden die Vorteile vom „Groß-Sein“ aufgezeigt. „Du kannst dir das Mittagessen selber aussuchen, das Baby muss immer Milch trinken.“ Und manchmal hilft es auch, wenn man selber mal wieder klein sein darf, sich bemuttern lässt, oder sich einfach mal wieder wie ein Baby benehmen darf und dann auf dem Arm getragen wird.
Wir haben euch beide lieb
Gewalt gegenüber dem Baby entsteht häufig durch Eifersucht und muss immer und sofort unterbunden werden. Dabei ist es wichtig, dem Kind in Ruhe zu erklären, dass man auf kleine Babys ganz besonders gut aufpassen muss, da sie sich sehr leicht verletzten können. „Reservierte Zeiten“ nur für die Großen können dabei helfen, die Eifersucht zu verringern. Dies kann zum Beispiel die Gute-Nacht-Geschichte vor dem Einschlafen sein. Papa kümmert sich um das Baby und Mama hat nur für mich Zeit, auch wenn dann das Baby mal kurz weinen oder schreien muss. „Jetzt bin nur ich wichtig!“ Wenn es dann noch geschafft wird die positiven Gefühle der Geschwister zueinander zu verstärken, profitieren alle davon. Ein einfacher Satz wie „Schau, wie das Baby strahlt, wenn es dich sieht!“, reicht dafür schon aus. Wie auch schon vor der Geburt des Babys betonen wir immer wieder, wie lieb wir unser Kind haben und loben es dafür, was es alles besonders gut macht oder kann. Dies stärkt das Selbstbewusstsein der Großen.
Bettina Fauler
lebt mit ihrem Partner und ihren 2 Kindern in Tirol. Gleichzeitig ist sie als Elternbildnerin, Trainerin und Bloggerin tätig. Ihre Ausbildungen unter anderem zur (Inklusiven) Elementarpädagogin, Hortpädagogin, Erziehungs- und Jugendberaterin bereichern ihre tägliche Arbeit und ihren Familienalltag. Sie freut sich, ihre persönlichen Erfahrungen mit anderen zu teilen.
www.fit-for-family.at
Geschwisterkonstellationen – Von Erstgeborenen, Sandwichkindern und Nesthäkchen
Was macht es für einen Unterschied, ob ich als erstes oder letztes Kind in die Familie geboren wurde, oder irgendwo dazwischen drinnen. Welche Eigenschaften werden den Sandwichkindern nachgesagt und was ist eher typisch für die Erstgeborenen oder die Nest
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