Die Vorteile des Stillens werden von einer Vielzahl an wissenschaftlichen Studien untermauert, die auch die Grundlage für die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation bilden, alle Säuglinge mindestens bis zum sechsten Lebensmonat voll zu stillen.
Neue Forschungen zeigen, dass in Europa und den Vereinigten Staaten nur rund zwei Drittel aller Frauen überhaut stillend die Entbindungsklinik verlassen. Nach sechs Wochen geben im Schnitt nur noch 40 Prozent dem Kind die Brust.
In Australien hingegen stillen nach der Geburt rund 96 Prozent der Mütter, nach vier Monaten noch knapp 70 Prozent und nach sechs Monaten sind es noch 60 Prozent. Das hindert die Australierinnen auch nicht am beruflichen Wiedereinstieg. Neun Monate nach der Geburt stillen mehr als die Hälfte der Mütter, die dann wieder bis zu neun Stunden in der Woche arbeiten. Selbst von den Müttern, die mehr als 35 Stunden in der Woche berufstätig sind, stillt ein Viertel noch nach einem Jahr.
Muttermilch ist einzigartig, denn sie versorgt Säuglinge nicht nur mit der nötigen Ernährung, sondern auch mit Schutz. Darüber hinaus hat das Stillen auch große gesundheitliche Vorteile für die Mutter.
Vorteile für die Mutter
- Gewichtsverlust.
- Verringerung von Cholesterin.
- Diabetes – Glukosekontrolle.
- Verbesserte Knochenmineralisation.
- Reduzierung von Übergewicht.
- Geringeres Risiko für Eierstock- und Brustkrebs.
- Höheres Selbstwertgefühl.
Vorteile für das Kind
- Immunologischer Schutz.
- Natürlichste Form der Ernährung.
- Verbesserte Entwicklung des Stoffwechsels.
- Verbesserte neuronale Entwicklung.
- Pro- und Präbiotika.
Muttermilch enthält über 400 komplexe Komponenten, bestehend aus Eiweiß, Fett, Laktose, Vitaminen, Eisen, Mineralien, Wasser und Enzymen, die allesamt ihren Beitrag zum Schutz und zur Entwicklung eines Säuglings beitragen. Das Immunsystem eines Neugeborenen ist auch ein gutes Beispiel für den engen Zusammenhang zwischen Muttermilch und der Entwicklung eines Säuglings. Bei der Geburt ist das Immunsystem eines Säuglings aufgrund der fast sterilen Bedingungen in der Gebärmutter noch längst nicht ausgereift, aber das das Wunderwerk Muttermilch kann diese Unreife kompensieren. Gerade die Zusammensetzung der Muttermilch schafft es viele Systeme wie Verdauung, Leber, Nerven, Nieren, Gefäße, Sehorgane, Knochenbau und das Immunsystem eines Babys optimal zu begünstigen, was viele Vorteile bringt – sogar lebenslang.
Gehirn: Endocannabinoide stimulieren nicht nur das Saugen und den Appetit eines Babys, sondern tragen auch nach weislich zu einer höheren Intelligenz bei.
Mund, Hals: Spezielle Antikörper in der Muttermilch greifen Krankheitserreger und Toxine, denen die Mutter ausgesetzt war, an. Zucker, Fette und Proteine stoppen Viren und Bakterien, indem sie sich an die Darmschleimhaut heften. Dadurch können viele schwere Infektionen verhindert werden.
Außerhalb des Bauches: Einige lebende Immunzellen der Mutter finden ihren Weg aus dem Darmtrakt und können dabei helfen das Immunsystem des Säuglings aufzubauen. Gestillte Kinder haben dadurch ein geringeres Diabetesrisiko, eine schwächere Neigung zu Übergewicht sowie eine geringere Anfälligkeit für Atemwegserkrankungen und Harnwegsinfektionen.
Ohren: Bei gestillten Kindern treten seltener Mittelohrentzündungen auf und wenn eine solche Ohrenentzündung auftritt, dann heilt diese meist schneller ab.
Darm: Lebende Immunzellen der Mutter können dabei helfen Krankheitserreger zu bekämpfen. Eine Reihe von Immunsignalmolekülen stärkt die Entwicklung des Immunsystems bei Kleinkindern. Lebende Bakterien helfen dabei die Darmflora eines Säuglings zu entwickeln. Entzündungshemmende Faktoren verhindern, dass der Darm Schaden nimmt und probiotische Substanzen fördern das Wachstum nützlicher Bakterien. Das bedeutet, dass gestillte Kinder seltener an Durchfall leiden.
Forschungsarbeiten zeigen, dass sich die Zusammensetzung der Muttermilch innerhalb der Stillzeit beziehungsweise sogar während einer Stillmahlzeit verändern kann und sich stets dem Bedarf des Babys anpasst – unabhängig davon, wie oft, wie lange oder in welchen Abständen ein Baby trinkt. Das bedeutet, dass der Körper der Mutter sicher stellt, dass der Nachwuchs immer alle Nährstoffe bekommt, die aktuell benötigt werden.
Künstliche Säuglingsnahrung kann zwar immer mehr angepasst werden, dennoch entspricht diese nicht annähernd den Anforderungen eines Säuglings. Künstlicher Säuglingsmilch fehlen vor allem die wichtigen endogenen immunologischen Komponenten, die in der Muttermilch enthalten sind. Die höchste Priorität bei der Verbesserung von künstlichen Säuglingsnahrung sollte also sein, diese der Muttermilch so ähnlich wie nur möglich zu machen.
Christa Müller-Aregger
Christa Müller-Aregger
International Education Managerin bei Medela AG, Andragogin, Still- und Laktationsberaterin IBCLC (International Board Certified Lactation Consultant).
Seit 26 Jahren im Bereich Stillen und Laktation mit werdenden und stillenden Müttern/Eltern tätig. Teilt als Andragogin seit vielen Jahren ihr Wissen mit medizinischem Fachpersonal und mit Eltern weltweit. Referentin an Fachkongressen zu Themen rund um Stillen und Laktation sowie Kommunikation zu Müttern. www.medela.com
Wenn das Stillen Probleme bereitet
Die meisten Mütter wollen stillen, denn Muttermilch ist die natürlichste Ernährung für einen Säugling. Doch nicht immer klappt es gleich von Anfang an. Stillprobleme treten in der Regel in den ersten drei Monaten auf, wenn Mutter und Baby das Stillen gemeinsam lernen.
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