Der Schuleintritt stellt einen Meilenstein im Leben eines Kindes dar und ist sowohl für Kinder als auch ihre Familien mit besonderer Aufregung verbunden. Alles ist neu, angefangen von der Umgebung über die Tagesstruktur bis hin zu den vielen neuen Begegnungen. Aber auch in sprachlicher Hinsicht stellt der Schuleintritt einen Übergang dar: Kinder treten in die Welt der Schrift und Buchstaben ein. Dies ist für die meisten Kinder eine Herausforderung, umso mehr aber für jene, die in der deutschen Sprache noch nicht so gefestigt sind und deren Eltern die Schule vielleicht in einem anderen Land besucht haben und deshalb nicht über eigene Erfahrungen mit dem österreichischen Schulsystem verfügen.
Gute Begleiter sein
Wie aber können alle Eltern, unabhängig ihrer Herkunft und Sprache, ihre Kinder bestmöglich auf den Schuleintritt vorbereiten bzw. dabei begleiten? Hier ein paar Tipps:
- Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie ihm etwas zutrauen und stärken Sie damit sein Selbstvertrauen. Überlassen Sie Ihrem Kind kleine Verantwortungen, wie etwa die Pflege einer Pflanze und bestärken es bei selbstständigen Tätigkeiten wie etwa dem sachgemäßen Einsatz von Besteck oder beim selbstständigen Ankleiden.
- Vermitteln Sie Ihrem Kind eine positive Einstellung gegenüber der Schule und dem bevorstehenden Schuleintritt. Das ist nicht immer einfach, denn auch Eltern plagen manchmal Ängste, Sorgen und Unsicherheiten. Vielleicht haben sie sogar selbst schlechte Erinnerungen an die Schulzeit. Oft sind es aber ungeklärte Fragen, die zur Unsicherheit führen.
- Informieren Sie sich über das Bevorstehende: Das pädagogische Personal im Kindergarten kann Ihre erste Ansprechstelle sein. Einige Schulen oder Kindergärten bieten spezielle Elternabende an, um über Funktion, Rolle und Erwartungen der Schule zu informieren. Auch der ÖIF bietet Seminare für Eltern an, in denen Sie wichtige Informationen erfahren und Fragen stellen können.
- Nehmen Sie das Entwicklungsgespräch im Kindergarten in Anspruch: Im Rahmen von jährlichen Entwicklungsgesprächen erfahren Sie, wo Ihr Kind steht, was seine Stärken sind und wo gegebenenfalls noch Förderbedarf besteht. Der Videodolmetschdienst des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) kann bei solchen Gesprächen eine große Hilfe sein, damit alles sicher verstanden wird.
- Machen Sie Schule für Ihr Kind greifbar: Schule sollte nichts Abstraktes bleiben, sondern greifbar werden. Zeigen Sie z.B. Ihrem Kind den künftigen Schulweg, das Schulhaus und sprechen Sie mit ihm darüber, wer sein/e Lehrer/in und seine Klassenkolleg/innen sein werden.
- Schüren Sie keine Ängste: Nicht zielführend ist es hingegen, Ängste des Kindes zu schüren, beispielsweise indem man ankündigt, dass mit dem Schuleintritt “der Ernst des Lebens” beginnt.
- Bieten Sie Ihrem Kind Materialien an, die es auf die Schule einstimmen: Bücher, Papier, Stifte (z.B. ein Kugelschreiber oder einzelne Buntstifte) oder Scheren, das sind Materialien, mit denen das Kind in der Schule täglich konfrontiert ist. Wenn diese auch zuhause vorhanden sind, gelingt der Umgang damit leichter.
- Die Schuleinschreibung ist keine Aufnahmeprüfung: Die Schuleinschreibung soll der Schule ein realistisches Bild von Ihrem Kind geben, damit das Lehrpersonal weiß, wo es steht . Es ist daher keinesfalls zielführend, dass Sie mit ihrem Kind auf die Schuleinschreibung hinlernen.Die Feststellung, ob ihr Kind schon dem Unterricht in Deutsch folgen kann oder noch zusätzliche Förderung benötigt, erfolgt mit dem Instrument MIKA-D. Es handelt sich dabei nicht um eine Prüfung, ihr Kind bekommt keine Note und hat keine Nachteile zu befürchten.
Sprache zuhause fördern
Sprachentwicklung braucht Zeit. Die Familie ist dabei nur eine Säule, aber es gibt einige Möglichkeiten den Deutscherwerbs Ihres Kindes gut zu unterstützen:
- Ein früher und regelmäßiger Besuch einer elementaren Bildungseinrichtung: Die Sprachentwicklung wird auch stark von der Interaktion mit Gleichaltrigen in der Gruppe und mit pädagogischen Fachpersonen angetrieben. Ein früher Eintritt in die elementare Bildungseinrichtung gibt Ihrem Kind die nötige Zeit, um in die Sprache hineinzuwachsen. Wichtig ist aber auch ein regelmäßiger Besuch der Einrichtung.
- Die vertraute Sprache nutzen: Für Eltern stellt sich oft die Frage: in welcher Sprache soll ich mit meinem Kind sprechen? Am besten ist/sind jene Sprache/n geeignet, in der/denen sie sich selbst am wohlsten und sichersten fühlen und Ihre Sprache auch spielerisch mit dem Kind anwenden können (z.B. kleine Lieder, Sprüche, Reime oder Fingerspiele kennen). Das muss nicht die deutsche Sprache sein. Die Festigung der Erstsprache(n) ist eine wichtige Grundlage für den Zweitspracherwerb.
- Viele Dialoge führen: Sprache entwickelt sich im Dialog und in der Interaktion mit Bezugspersonen. Es ist daher auch wichtig, dass Eltern oder andere Bezugspersonen viel mit ihrem Kind sprechen. Das können Sie ganz einfach in ihren Alltag integrieren, indem Sie über das, was Sie (gemeinsam) tun oder sehen – z.B. aufräumen, kochen, etwas reparieren, spielen, in den Kindergarten gehen/fahren – mit dem Kind sprechen und dabei alles bewusst benennen und beschreiben. Ermuntern Sie ihr Kind auch zum Selbersprechen, indem Sie Fragen stellen und ihm Zeit zum Antworten geben.
- Richtig fördern und fordern: Fehler sind in der Sprachentwicklung normal und wichtig, sie müssen ihr Kind also nicht explizit korrigieren. Wiederholen Sie lieber die Äußerung Ihres Kindes nochmals richtig. Im Dialog kann man ältere Kinder vor dem Schuleintritt auch zunehmend fordern, indem man nicht nur über das Hier und Jetzt spricht (also nicht nur: Was ist das? Schmeckt dir das Essen?), sondern Ihnen z.B. Fragen über vergangene oder bevorstehende Erlebnisse stellt, die ausführlichere Antworten verlangen (z.B. Was hast du heute im Kindergarten erlebt?).
- Geschichten fördern Sprache: Geschichten und Erzählen – egal in welcher Sprache – spielen eine wichtige Rolle in der vorschulischen Sprachentwicklung. Sei es beim Vorlesen, beim gemeinsamen Nacherzählen oder beim Sprechen über abgebildete Ereignisse – das können auch Ereignisse auf Fotos oder in Bilderbüchern mit und ohne Text sein. Das gemeinsame Betrachten und Besprechen regt in jedem Fall die Sprache an und erweitert den Wortschatz Ihres Kindes.
- Medien sinnvoll nutzen: Aber nicht nur Bücher, sondern vielfältige Medien fördern die Sprache auf verschiedenen Kanälen: Fotos, Wimmelbilder, Hörgeschichten und auch digitale Medien. Letztere sollten aber beschränkt und die Kinder keinesfalls damit allein gelassen werden. Auch hier gilt: Nutzen Sie die Medien gemeinsam mit ihren Kindern und sprechen Sie viel darüber.
ÖIF-Materialien zur Förderung der Sprache
Der ÖIF bietet einige Materialien zur Sprachförderung an, die auch zuhause in der Familie genutzt werden können.
- Animierte Lernvideos am ÖIF Sprachportal: Die animierten Lernvideos des ÖIF eigenen sich gut, um gemeinsam mit Ihrem Kind in die kurzweiligen Wimmelbilder einzutauchen. Nutzen Sie die Mitmachgeschichten, um zusammen in Bewegung und ins Gespräch zu kommen. Lernvideos | Sprachförderung mit Kindern – Sprachportal
- Wimmelbildplakate “Katze Mitzi”: Ein Materialienpaket mit 4 großformatigen Wimmelbildplakaten mit ansprechenden Bildern zu den Themen Natur, Kindergarten, Zuhause und Wandertag. Sie können das gemeinsame Suchen und Entdecken nutzen, um mit Ihrem Kind das Gesehene zu benennen oder sich (lustige) Geschichten zu den dargestellten Szenen auszudenken. Fragen können hilfreich sein, um ins Gespräch zu kommen: Fragen Sie Ihr Kind z. B. Was hier passiert/ passieren könnte? Welche Gegenstände oder Personen es im Bild entdeckt oder stellen Sie ihm kleine Suchaufgaben (Welche Tiere schwimmen im Wasser? Was machen die Kinder auf der Wiese?) Katze Mitzi – Sprachportal
- Kinderbücher des ÖIF: Die Bilderbücher des ÖIF wurden speziell für die Sprachförderung konzipiert und beinhalten unterschiedliche Begleitmaterialien wie z. B. eine Lieder CD, Bildkarten oder ein Rucksackbuch, die Sie mit Ihrem Kind gemeinsam anhören oder zum Spielen verwenden können. Die ansprechenden Themen der Bücher (Feste im Kindergarten, Natur entdecken, eine Reise in die Vergangenheit), Bilder, Texte und Reime, eigenen sich besonders gut für ein gemeinsames Betrachten, Lesen und (Nach)erzählen.
Kinderbücher – SprachportalKinderbücher:
- Mucks die Maus im Feste-Braus:
- Draußen – eine Entdeckungsreise: Das Buch ist in einer zweisprachigen Version (Ukrainisch-Deutsch) erhältlich:
- Hallo, altes Haus!:
- Wortschatzkalender: Um seinen Wortschatz in Deutsch zu erweitern, wird mit dem ÖIF-Wortschatzkalender jeden Tag ein neues Wort gelernt. Dazu kann täglich ein Sticker in den Kalender geklebt und lustige Suchaufgaben gelöst werden.
- ÖIF-Bestelldienst: Hier können Sie die Print- Produkte des ÖIF bestellen: Deutsch lernen (wertpraesent.com)
Nützliche Links
- Am ÖIF Sprachportal finden Sie Informationen zu den unterschiedlichen Sprachförderangeboten- und Materialien für Kinder und Erwachsene: Sprachportal – Sprachportal
- Das Frauenzentrum des ÖIF bietet jeweils vor Schuleintritt Seminare für Mütter bzw. Eltern mit Expert/innen an. Hier können Sie mehr über das Angebot erfahren: integrationsfonds.at/frauen
- Hier können Sie sich über das Videodolmetsch-Angebot des BMBWF für Kindergärten und Schulen informieren: Wir verstehen uns (Videodolmetsch) (bmbwf.gv.at)
- Das Deutsch lernen Magazin mit verschiedenen Themenschwerpunkten wie z. B. Schule und Bildung in Österreich bietet ein kompaktes Angebot zum Deutschlernen für Erwachsene und informiert gleichzeitig über das Leben in Österreich. Es kann kostenlos bestellt werden: Unterrichtsmagazin Deutsch lernen – Sprachportal
- Hier können Sie sich über MIKA-D (Messinstrument zur Kompetenzanalyse – Deutsch) informieren, dass bei der Schuleinschreibung zur Testung der Deutschkenntnisse zum Einsatz kommt: https://www.iqs.gv.at/downloads/weitere-instrumente-des-iqs
Co-Autorin dieses Beitrags:
Anna Altzinger
Elementar- und Hortpädagogin mit langjähriger Berufserfahrung, Kunsthistorikerin, Elementarpädagogische Mitarbeiterin Team Spracherwerb (Österreichischer Integrationsfonds) im Bereich frühe sprachliche Förderung für Kinder, Fortbildungen für Fachkräfte in elementaren Bildungseinrichtungen
Urheber:
Österreichischer Integrationsfonds ÖIF
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