.…oder so, dass die Eltern auch noch lebend am Spielzeug vorbeikommen!
Wie Alles begann
In den folgenden Zeilen darf ich den Weg von der Notlösung in einer Altbauwohnung, den damit verbundenen Erkenntnissen und die Umsetzung einer bedarfsorientierten Kinderraumplanung in einer Neubauwohnung vermitteln. Ich ersuche die/den geschätzten Leser/in zu berücksichtigen, dass ich versuchen werde Sie/Ihn zu meinen Verbündete/n zu machen damit mein leichter Hang zum Sarkasmus verzeihbar wird und als neurotisches Ventil, welches im Zuge der Recherchen zwingend notwendig wurde, zu verzeihen.
Im Juni 2006 zog ich mit meiner frisch Angetrauten in eine schön renovierte Altbauwohnung und wir dachten noch, zwei Zimmer und ein Kabinett das reicht, hohe Räume sind toll und das bisschen Zug aufgrund der vorgeschriebenen Zusatzbelüftung bei Schallschutzfenstern macht nichts aus. Sechs Jahre und zwei zusätzliche Kinder später, sieht die Lage schon etwas anders aus…
Ausgangslage
Eine Familie mit einem Vater, einer Mutter, einem 12-jährigen Sohn aus erster Ehe in Patchwork (Wochenende und Ferienkind), eine Tochter 5 Jahre und eine Tochter 5 Monate.
Eine Altbauwohnung mit einem großen Wohnzimmer 30m², einem großen Schlafzimmer 27m² , einem Kabinett 15m² (als Kinderzimmer), einem langen Flur 6m², einem langen Vorraum 7m², eine Küche 15m² und ein viel zu großes Bad 12m² ergibt 112m².
Mit einer Raumhöhe von 3,6 m konnte im Kinderzimmer ein eigener Bereich für den Sohn mit Falltür und großem Doppelbett geschaffen werden. Der notwendige Schulschreibtisch musste schon in das Schlafzimmer, das Gitterbett kam in den Keller. Dieses wurde durch ein Beistellgitterbett ersetzt, welches den Schlafbereich der Eltern nun soweit erweiterte, dass es ein leichtes ist mit bis zu drei Kindern das Bett zu teilen. Im Schlafzimmer steht nun auch die Wickelkommode damit des Nächtens der Weg kein allzu weiter ist. Die Küche für das Fläschchen hingegen ist nur über den eiskalten Flur erreichbar. Außer man nimmt in Kauf das Töchterchen Nummer eins beim Durchqueren des Kabinetts zu wecken. Das führt übrigens bei selbiger unweigerlich zur Annahme, eine Mitschlafgelegenheit hätte sich ergeben und man müsse das Platzparadies des Elternbettes okkupieren. Letztendlich entsteht durch die Vielzahl an genutzter Raumverwendungsmöglichkeit des Schlafzimmers ein eigenes Mischraumflair was dazu geführt hat, dass ich schnurstracks zu einem Einrichtungshaus einer bekannten schwedischen Möbelmarke gefahren bin und mir dort einen Ballen roten Stoff und Vorhangschienen gekauft habe. Da hat sich das eine Jahr Hauswirtschaftsschule statt dem Poly echt bezahlt gemacht *g*. Jetzt ist das Ehebett mit einem roten Vorhang blickdicht umrundet, ein blauer Tüll, unter dem an der Decke Christbaumlämpchen mit Fernbedienung und Zeitschaltuhr kombiniert wurden und den abendlichen Sternenhimmel in der EU vermitteln. Meine Frau meint es ist an der Grenze vom Kitschigen zum Puffigen. Die Kinder lieben es. Da hat die Sterntalergeschichte gleich einen neuen Reiz beim Erzählen bekommen. Damit war vor allem das „ich muss mir ein vollgeräumtes Zimmer beim Schlafen ansehen“ Problem gelöst.
Altbautüren haben bei Kindern einen entscheidenden Vorteil. Die Klinken sind viel höher und daher nicht so leicht erreichbar. Bis zum „ich zieh mir dann mal überall einen Sessel hin“ Alter. Danach ist mit diesem vermeintlichen Vorteil auch Schluss und die Katzen jagen wieder wild durch die ganze Wohnung, auch durch die verbotenen Orte. Der Nachteil der Türen ergibt sich dann spätestens beim vollbepackt-Kleinkind-durch-die-Gegend-tragen-Wettbewerb. Hier stößt man sich regelmäßig grün und blau.
Die Raumaufteilung
Der Grundsatz, zwei Geschlechter, zwei Zimmer stimmt meiner Meinung nach prinzipiell. Ich würde ihn nur insoweit ergänzen als das ich auch den ich Pubertiere-mal-Faktor mit einrechnen würde. Sprich wenn ein Kind in das Alter kommt, in dem es von den Eltern nichts mehr lernen kann oder will, ist ein Rückzugsort zwingend notwendig. Dies kann auch bereits in der so genannten Trotzphase oder der „die ganze Welt dreht sich nur um mich Phase“ von Vorteil sein. Daher kann man eigentlich generell sagen, dass rein Planungstechnisch bei zwei Kindern auch zwei Zimmer von Vorteil sind.
Trotz der eigenen Zimmer ist es doch so, dass die Kinder dort sind oder auch sein müssen wo die Eltern sind. Säuglinge in der Wiege oder dem Nestchen z.B. beim Kochen in der Küche. Kleinkinder beim Spielen neben dem Sofa, wo vielleicht der Elternteil mal etwas Lesen kann (soll es angeblich wirklich geben). Und die Kinder beim Aufgabemachen, wenn Sie es nicht alleine wollen. Sprich egal wie man es dreht und wendet, eigentlich braucht es zwei Plätze für Kinder, einen an dem sie sich zurückziehen können und einen an dem sie direkt im Mittelpunkt stehen können.
Kinder brauchen Plätze nicht Platz
In einer neuen Wohnung sollte von Anfang an mehr als nur ein Platz für Kinder vorgesehen sein. Am besten bietet sich das in einer großen Wohnküche an. Dort haben wir zwischen Küchen und Sofabereich noch einen großzügigen Kinderspielbereich eingeplant. Vorzugsweise so gestaltet, dass Kleinteile nicht auf die Verkehrswege (wo man mehr als einmal am Tag dran vorbeigeht) kommen. Der Stauraum sollte auch gleich dort vorhanden sein und so gestaltet, dass sich vielleicht mit einem Spielzelt oder Vorhang als Deckel der kreative Gestaltungsbereich (aka Saustall) visuell abdecken lässt und ein zusätzlicher Höhlenfaktor entsteht. Den gilt es übrigens auch im Kinderzimmer zu schaffen. Ihr könnt es euch aussuchen, entweder Ihr entscheidet, wie und wo die Höhle sein kann, z.B. in Kombination mit dem Bett und/oder einem eigenem Vorhang von der Decke, oder eure Kinder entscheiden dass für euch indem dann einfach irgendwo Decken und Pölster zu Burgen und Schlössern aufgebaut werden.
Die Medienlandschaft
Keine Lautsprecher ohne vernünftige Abdeckung. Ich weiß, dass das die Akustik beeinflusst aber glaubt mir, so eine mit Buntstiften beschmierte und eingedrückte Box klingt gleich noch mieser. Die Vorsicht gilt es übrigens ebenso beim geliebten Flachbildfernseher walten zu lassen. Die halten in der Regel weniger als ihre Röhrenvorfahren aus und verzeihen keinen noch so kleinen Gummiballtreffer. Deswegen empfehle ich die Erreichbarkeit für Geschosse bei der Auswahl des Aufstellungsortes zu berücksichtigen bzw. für ausreichend Wurfschutz zu sorgen. Die beste Variante ist wohl einkasteln bzw. abdecken. Man sollte den Fernseher in Anwesenheit von Kindern ohnehin nur zu gemeinsamen pädagogischen Zwecken nutzen.
Teppiche ja, so lange sie nicht fliegen
Überall wo Kinder laufen können werden sie das auch einmal machen. Wenn dann, am vorgesehenen Bremsplatz oder in Kurven, Teppiche die nicht fix am Boden verankert wurden, können sich schnell einmal zu fliegenden Teppiche verwandeln und dazu führen, dass Mami und Papi die großen Pflaster auspacken dürfen.
Zur generellen Kindersicherheit gibt es auch in den Einrichtungshäusern viele Ratgeber bzw. geschultes Personal. Anbei habe ich mir trotzdem erlaubt einen Ratgeber (Checklist) von einem Deutschen Verein zur Prävention von Kinderunfällen bereitzustellen.
Der Strahlenschutz…
Es gibt genügend Geräte, die man auch leihen kann, zur Messung von umweltbelastender Strahlung. Ich muss ehrlich eingestehen, dass ich mich nur bedingt mit diesem Thema beschäftigt habe. Das aber stromlose Steckdosen (im Ruhezustand) bei einem Transformatorhäuschen gegenüber dem Kinderzimmerfenster nichts bringen ist wohl jedem klar. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass primär die Wohnungs- bzw. Hausumgebung vor der eigentlichen Einrichtungsgestaltung beurteilt werden sollte. In Wien bzw. den meisten Städten gestaltet sich das mit den ganzen Handymasten relativ schwierig. Hier gilt es auch die Kirchen scharf ins Auge zu nehmen, da sich hier oft versteckte Masten befinden. Ich habe dahingehend resigniert. Das ich keinen W-LAN-Router an das Kopfende eines Bettes gebe und auch sonst am Abend die elektrischen Geräte stromlos mache, schrägerweise mit einer Funkfernbedienung, lässt mich jedoch schon etwas beruhigter schlafen.
Resümee
Ich persönlich denke Einrichtung ist wie das Leben an sich, wenn sich nicht ab und zu wenigstens eine Kleinigkeit verändert wird es todlangweilig. Mit den Kindern kommt natürlich der Veränderungsturbo ins Spiel.
Klar macht es Sinn, sich in der Wohnung an verschiedenen Orten einmal auf den Boden zu setzen und aus der Perspektive eines Kleinkindes sich alles anzusehen und zu beurteilen. Letztendlich sollte jedoch eine gut eingerichtete Wohnung sicher sein, kreative Orte (Zeichenwände/Bastelecken etc.) haben, Kuschelecken, Rückzugsgebiete aber vor allem so angelegt sein, dass Kinder und Erwachsene sich gemeinsam wohlfühlen können. Wohnungen die wie Schmuckkästchen aussehen werden in der Regel auch von solchen Ausstellungsstücken „bewohnt“.
Darum werden wir vor allem bei der Gestaltung der Wände jedem Familienmitglied künstlerische Freiräume geben, damit Besucher gleich das Chaos erkennen das in uns allen wohnt ;-).
Kommentare