Übergewicht und Fettsucht bei Kindern und Jugendlichen ist laut WHO das „hervorragendste Gesundheitsproblem des 21. Jahrhunderts“. Übergewicht per se ist – außer der Optik – nicht die gefährliche Abweichung von der Normalität, sondern die unvermeidbaren Folgeerkrankungen: Diese sind Störungen des Stoffwechsels, insbesondere des Zuckerhaushaltes, wie gestörte Glucoseverwertung, die bis zum „Altersdiabetes oder Typ II Diabetes“ führen kann. Fast 1% der übergewichtigen Jugendlichen haben bereits einen solchen Typ II Diabetes – ohne es zu wissen. Weitere Folgeerkrankungen sind Gelenksbeschwerden, Bluthochdruck, Gefäßveränderungen im Sinne einer beginnenden Atherosklerose; vor allem aber haben übergewichtige Kinder und Jugendliche erhebliche psychische Probleme, die oft nicht erkannt bzw. heruntergespielt werden. Sie werden permanent ausgespottet, ausgegrenzt und haben oft Probleme, sich mit Gleichaltrigen zu sozialisieren; diese Probleme münden oft in einer depressiven Verstimmung, die bis zu einer schweren Depression z.T. mit Verhaltensstörungen führen kann. Hochgradig übergewichtige Jugendliche sitzen dann oft alleine (vor dem Computer) zu Hause, essen ungesunde Speisen, gehen nicht mehr zur Schule, bekommen aber auch wegen des Übergewichts keinen Job. Das Desaster ist dann vorprogrammiert.
Behandlungsmethoden des hochgradigen Übergewichtes (in Wien sind das ca. 1,5% der Jugendlichen, ca. 25% sind übergewichtig oder adipös) sind kaum erfolgreich; nur mehrmonatige Therapieaufenthalte in spezialisierten Zentren (wie z.B. Berchtesgaden etc.) können bei solchen Jugendlichen nachhaltige Verbesserungen herbeiführen. Diese Behandlungen werden aber in den wenigsten Fällen von den österreichischen Sozialversicherungen bezahlt. Demgegenüber werden sehr wohl chirurgische Eingriffe, wie Magenverkleinerungen, Dünndarmausschaltungen etc. finanziert. Allerdings gibt es praktisch keine – wie in Deutschland – zertifizierte Einrichtungen zur Diagnostik und Behandlung von Jugendlichen mit hochgradigem Übergewicht. Hier kann jeder Behandlungen anbieten, egal ob er oder sie eine spezielle Ausbildung auf diesem Gebiet hat oder nicht.
Ein weiteres gesundheitspolitisches Problem ist die Tatsache, dass in Österreich keine flächendeckenden Daten über die Häufigkeit (Prävalenz) der Übergewichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen vorhanden sind. Die Kinder werden zwar meistens in der Schule gewogen und die Körpergröße gemessen, die Daten bleiben jedoch auf den Schreibtischen der Schulärztinnen liegen und werden nicht ausgewertet. Diese Daten wären für präventive Maßnahmen enorm wichtig.
Was können bzw. sollen verantwortungsvolle Eltern tun? Zunächst müssen sich die Eltern im Klaren darüber sein bzw. werden, dass Übergewicht bzw. Fettsucht eine Krankheit darstellt gegen die, wenn sie einmal ausgebrochen ist, nur sehr schwer erfolgreich angekämpft werden kann. Das Risiko für ein Kind übergewichtig zu werden ist deutlich erhöht, wenn ein Elternteil übergewichtig ist, sehr hoch, wenn beide adipös sind. D.h. in Familien mit bestehendem Übergewicht ist größte Aufmerksamkeit der Vermeidung von Übergewicht zu widmen; Voraussetzung ist, dass die Eltern das auch wollen! Wenn manche Menschen glauben, sie schicken ihre Kinder in irgendeine Ambulanz, dort wird man das Problem schon lösen, dann irren sie gewaltig! Sie müssen selbst zu Hause mit der Prävention (auch bei sich selbst!) anfangen; das bedeutet, Beschäftigung mit den Lebensmitteln, mit dem Kochen etc.; gemeinsames Einkaufen von gesunden Produkten kann hier sehr hilfreich sein. Eine Ernährungsschulung bei zertifizierten Ärzten (mit Diplom für Ernährungsmedizin) oder bei Diätologinnen ist oft notwendig und vernünftig.
Ganz wichtig ist die Einschränkung der Zeit, die Kinder und Jugendliche vor dem TV, dem Computer oder Handy verbringen. Ohne deutliche Erhöhung der körperlichen Aktivität (täglich 1 Stunde Bewegung!!) geht gar nichts. Eine Diagnostik auf Vorliegen der genannten Stoffwechselveränderungen ist in vielen Fällen sinnvoll und notwendig, diese sollte jedoch nur bei in Ernährungsmedizin spezialisierten Ärztinnen durchgeführt werden. Die Erkenntnis, dass die Vermeidung ( Prävention) von Übergewicht sehr viel Leid und Probleme hintanhalten kann, muss sich erst durchsetzen. Das Motto „gesunder Geist in einem gesunden Körper“ hat auch in der Vermeidung der Entstehung von Übergewicht und seinen z.T. fatalen Folgen ganz besondere Relevanz.
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