Einige Eltern fragen sich in diesen Tagen: Woher hat mein Kind diese menschenverachtenden Einstellungen? Wer ist dafür verantwortlich? Wie konnte es von uns unbemerkt soweit kommen? Seit wann hat sich dieser Hass und diese Ideologie entwickelt?? Warum ist mein Kind zugleich mir gegenüber so feindselig? Was ist unsere Rolle in dieser Situation?
Seit dem 7. Oktober und den Folgen des Massenmordes durch die Hamas an der israelischen Bevölkerung hat die Mobilisierung und Radikalisierung bei islamistischen Gruppen deutlich an Stärke gewonnen. Die Folgen spüren sowohl die Lehrkräfte in den Schulen als auch die Eltern im eigenen Zuhause, die Sorge um ihre Kinder haben. Was tun?
Beziehung-Zeit-Raum
Unsere wertvollste Aufgabe als Eltern ist es, unseren Kindern und Jugendlichen eine geglückte Kindheit und Jugend zu ermöglichen, sie zu Hause oder in pädagogischen Einrichtungen liebevoll und achtsam zu begleiten. Die gewaltfreie Erziehung, die sich an den Grundsätzen der Kinderrechte orientiert, ist sicherlich die zentrale Sicherheit für ein kindgerechtes Aufwachsen.
Im familiären Umfeld besteht die beste Prävention darin, als Eltern den Kindern und Jugendlichen ausreichende Aufmerksamkeit, Zeit und Raum beim Heranwachsen zu geben. Auch die sogenannte Schulpartnerschaft, also die gute respektvolle Zusammenwirkung von Eltern, Schule und Schüler:innen ist eine gute Prävention gegen Menschenverachtung und radikale Vorstellungen.
Vernachlässigung und Alltag
Für die Eltern ist der Alltag reich an Anforderungen und z.T. Überforderungen, durchgetaktet vom Aufstehen in der Früh bis zum Schlafengehen am Abend. Leider fällt es manchen Eltern trotz vieler sozialer Auffangnetze oft schwer, ihre Kinder vor Vernachlässigung zu schützen. Vernachlässigung gehört zu den schlimmsten Verletzungen, die Kinder und Jugendliche erfahren können. Wenn Kinder vernachlässigt werden, entwickeln sie selten Selbstachtung und Resilienz und sind einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt: Gewalt, Kriminalität, sexuelle Ausbeutung oder Missbrauch, Drogen oder die Rekrutierung durch eine extremistische Gruppe, die sowohl islamistisch als auch rechts- oder linksextrem sein kann. Das bedeutet, dass die Verwahrlosung eines Kindes in einigen Fällen die Ursache für eine Radikalisierung ist. Verwahrloste Jugendliche sind leichtes Opfer für die extremistischen Gruppen, die über soziale Medien aber auch im realen Leben gezielt Jugendliche agitieren und anwerben[1]. Jugendlichen später von diesen „Menschenfängern“ und ihren Kreisen zu lösen, ist äußerst schwierig. Zusammenfassend ist entscheidend: Wenn Eltern ihre Rolle als Vater oder Mutter nicht ernst nehmen, übernehmen andere Personen eine ähnliche Rolle zum Nachteil ihres Kindes.
Kindeswohl
Leider gibt es ebenfalls Eltern, die ihre menschenfeindlichen Ideologien[2] gezielt an ihre Kinder weitergeben und ihre Kinder dadurch so gefährden, dass diese in ihren Sozialisationsräumen inakzeptable Äußerungen und Handlungen tätigen. Diese Eltern gefährden die Gegenwart und Zukunft ihrer Kinder und in solchen Fällen sollte sobald wie möglich eine Meldung an die zuständige Kinder- und Jugendhilfe zur vermuteten Kindeswohlgefährdung[3] erstattet werden.
Interesse
Oft sind es die Freund:innen und Lehrkräfte in der Schule oder die Jugendarbeiter:innen, die Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen vermuten und diesen Verdacht an ihre Vertrauenspersonen weitermelden. Die Reaktionen der Eltern sind sehr unterschiedlich, wenn Sie hören, dass ihre Kinder über die sozialen Netzwerke oder im realen Leben menschenfeindliche Ideologien verbreiten oder bereits eine Anzeige nach dem Symbolgesetz[4] oder dem Terror-Paragrafen[5] erhalten. Ab diesem Moment geht es darum, maximales Interesse an der Person des Jugendlichen sichtbar zu machen und zugleich die Eltern, Jugendarbeit, Schule (Schulsozialarbeit, -Psychologie, Klassenvorstand, Schulleitung), zuständige Kinder- und Jugendhilfe und die Polizei an einem Tisch zu versammeln, um einen Fahrplan mit Interventionsmöglichkeiten und zu vermeidenden Risiken für den Jugendlichen für die nächsten Monate auszuarbeiten. Die Bildungsdirektionen verfügen in jedem Bundesland über einen Krisenerlass[6], der eine gute Orientierung und Handlungsanleitung u.a. bei Radikalisierungsfällen ist. Spätestens seit 2014 befassen sich die obengenannten Institutionen mit Extremismusprävention. Die österreichischen Bundesländer[7] und Bundesministerien haben eigene Präventionsnetzwerke aufgebaut und stehen auch den Eltern helfend zur Verfügung (unten finden Sie ua. weiterführende Kontakte zu Beratungsstellen und Präventionsangebote für die Schulen).
WNED – Netzwerk gegen Extremismus (wien.gv.at)
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Dokumentationsstelle Politischer Islam
Extremismusprävention: kostenloses Angebot für Schulen – OeAD
[1] DPI_Focus_Islamismus_und_Social_Media.pdf (dokumentationsstelle.at)
[2] Of Fathers and Sons – Die Kinder des Kalifats | Film-Rezensionen.de
„Kleine Germanen“ im Kino: Scheinbar ganz normal – Kultur – SZ.de (sueddeutsche.de)
[3] RIS – Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 – Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 29.11.2021 (bka.gv.at)
[4] RIS – Symbole-Gesetz § 1 – Bundesrecht konsolidiert (bka.gv.at)
[5] § 278b StGB (Strafgesetzbuch), Terroristische Vereinigung – JUSLINE Österreich
[6] Bildungsdirektion für Wien – Erlässe (bildung-wien.gv.at)
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