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Braucht das Klima einen Lockdown?

von Univ.-Prof. Dr. Karl Steininger

Elternbildung
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Der Klimawandel ist eine der entscheidendsten Herausforderungen für die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten, darüber ist sich die Wissenschaft einig. Die Schäden sind schon heute in vielen Weltregionen enorm, auch in Österreich nimmt die Belastung durch die Erderhitzung auf Wirtschaft, Gesellschaft und Infrastruktur kontinuierlich zu. Diese Veränderungen sind menschengemacht, auch darüber herrscht in der Forschung kein Zweifel. Tatsächlich unterliegt das Klima von Natur aus Schwankungen, doch der starke Anstieg innerhalb der letzten 150 Jahre von bislang global 1,1 Grad Celsius lässt sich nur durch die vom Menschen eingebrachten Treibhausgase erklären.

Aber warum ist diese Veränderung für die Menschheit überhaupt so fatal? Vor etwa zehntausend Jahren, als die letzte Eiszeit endete und die Temperaturen stiegen, wurde der Mensch sesshaft und widmete sich der Landwirtschaft, das Holozän begann. Dieses dauert bis heute an, denn seitdem haben sich die Temperaturen ursprünglich nicht stark verändert und wir als Menschheit haben unsere gesamte Infrastruktur an dieses sehr stabile Klimafenster angepasst, all unsere Gebäude, unsere Wohnungen, ganze Städte. So leben etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in Küstenstädten, deren Beschaffenheit sich am bislang vorherrschenden Klima, am vorherrschenden Meeresspiegel orientiert. Ändert sich dies, hat das natürlich gravierende Folgen – wie am Beispiel Pakistan zu sehen ist, wo 2022 ein Drittel des Landes überflutet war und dadurch eine Million Wohnungen zerstört wurden.

Solche Ereignisse haben dazu geführt, dass sich die Weltgemeinschaft bereits 2015 in Paris geeinigt hat, die Erderhitzung möglichst bei 1,5 Grad zu stabilisieren, auf alle Fälle jedoch bei (deutlich) unter zwei Grad. Wie wichtig die Einhaltung dieses Ziels ist, zeigt etwa ein Blick auf Temperaturextreme. Verglichen mit der der Periode von 1850 bis 1900 sind diese heute – nach einem Anstieg global von rund einem Grad – bereits rund fünf Mal so häufig und auch um 1,2 Grad wärmer. Selbst wenn das in Paris gesteckte Ziel von 1,5 Grad eingehalten wird, werden sie 8,6-mal so häufig sein und um zwei Grad wärmer ausfallen. Bei zwei Grad Erwärmung werden sie 14-mal so häufig vorkommen, bei vier Grad gar 40-mal, und jeweils mit deutlich stärkeren Ausschlägen. Die Vereinten Nationen haben demnach den letzten IPCC-Report als deutliches Warnsignal interpretiert – wie es UN-Generalsekretär António Guterres auf der Weltklimakonferenz im November 2022 ausgedrückt hat, befindet sich die Menschheit auf einem Highway in die Klimahölle und hat den Fuß sogar noch auf dem Gaspedal.

Das Zeitfenster, das uns bleibt, um die Klimakrise mit all ihren Folgen zumindest einzudämmen, schließt sich rasant. Leider ist dies trotz Jahrzehnten der Warnungen durch die Wissenschaft auch hierzulande noch immer nicht bei allen politischen EntscheidungsträgerInnen angekommen. Staat und Gesellschaft müssen jährlich Milliarden Euro aufwenden, etwa für Schäden an der Infrastruktur oder Ernteausfälle infolge von Extremwetterereignissen, an Gesundheitsfolgen nimmt zum Beispiel die Zahl der Hitzetoten zu. Die Sorge darüber, die vor allem die junge Generation zunehmend zum Ausdruck bringt, ist somit klar wissenschaftlich belegt und daher berechtigt. Möglichkeiten zur Begrenzung der Erderhitzung sind allerdings vorhanden. Wenn wir dies wirklich wollen, müssen wir die CO2-Emissionen, die in den letzten 50 Jahren weltweit von 15 Gigatonnen auf ungefähr 40 Gigatonnen jährlich gestiegen sind, bis 2055 auf netto-null bringen. Österreich hat sich im Jänner 2020 – nicht zuletzt aufgrund der von Fridays for Future angestoßenen Debatte – ein Regierungsprogramm gegeben, in dem Klimaneutralität sogar bereits bis 2040 das Ziel ist.

Doch wie kann eine solche Reduktion der Emissionen gelingen, wie kann dieser Weg zur Klimaneutralität gelingen? Das Wichtigste ist, zu wissen, wohin wir überhaupt wollen. Und uns klarzumachen, was davon wir gerne wollen. Wir werden nirgends hingehen, wo wir nicht gerne hinwollen. Denn Transition funktioniert nicht, wenn wir nur negative Bilder haben, Drohbilder, weil Menschen dann für gewöhnlich abschalten. Transition funktioniert nur, wenn wir gemeinsam ein Ziel entwickeln und dann die Kraft wirklich stark genug ist, dass wir wirklich zum entworfenen Ziel wollen. Ein Ansatz ist, die Denkrichtung zu ändern. Wir sollten nicht mehr sagen, wir haben jetzt Energie, und die verwenden wir für dieses und jenes. Vielmehr sollten wir uns der Sache von der anderen Seite annähern und fragen: Was wollen wir denn eigentlich wirklich, und wie können wir das erreichen? Was wir wollen ist zB die Frühstückssemmel, aber nicht sie unbedingt mit dem Auto täglich holen zu müssen.

Hinsichtlich des Gesamtenergieverbrauchs in Österreich ging 2019 über ein Viertel in die Mobilität, 22 Prozent in die Raumwärme, Verluste von thermischen Kraftwerken machten 16 Prozent aus. Wenn wir 2040 klimaneutral sein wollen, müssen wir die Menge an Primärenergie reduzieren auf die Hälfte. Den Rest können wir durch den Ausbau der Erneuerbaren so hinbekommen, dass eben nur mehr fünf Prozent der heutigen Energie aus fossilen Quellen kommen muss. Das wäre eine Menge, die man in ausgebauten Senken wie Humusböden zusätzlich binden könnte.

Das Gute ist, dass viele dafür notwendige Technologien, auch in der Energiebereitstellung, mittlerweile verfügbar und auch stark billiger geworden sind. Allein in den letzten zehn Jahren sind die Kosten für Photovoltaik um den Faktor 10 gesunken, Batteriekosten um den Faktor 8, dazu kommen additive Produktionsverfahren (wie 3D-Druck), automatisiertes Fahren oder Blockchain-Technologien. Das sind alles Technologien, die uns nicht per se im Klimaschutz helfen, wenn wir sie einfach so einsetzen, möglicherweise sogar mehr Emissionen bedingen, etwa automatisiertes Fahren, wenn alle weiterhin ein eigenes Auto haben. Aber wenn automatisiertes Fahren reguliert wird, kann es zur Lösung beitragen, weil dann zum Beispiel Sammeltaxis organisiert werden können, und der Antrieb für automatisiertes Fahren auf elektrisch beschränkt werden kann. Generell gibt es ein großes Einsparungspotential bei der Mobilität. Was Menschen in der Regel wollen, ist nicht stundenlang im Auto zu sitzen, sondern Zugang zu Personen, Gütern und Dienstleistungen zu haben. Um diesen Zugang zu bekommen, gibt es viele Möglichkeiten. Man kann die Raumordnung ändern und fußläufige Strukturen schaffen, damit das Auto nicht mehr oder zumindest seltener benötigt wird. Und die Mobilität, die noch motorisiert benötigt wird, wird dann elektrisch sein – im öffentlichen Verkehr oder mit dem PKW.

Oder wenn wir zum Beispiel eine Decke in einem Haus wollen, die Stabilität gewährt, dann gibt es die Möglichkeit, sie so zu bauen, wie wir sie seit dreißig Jahren bauen, als einen Quader. Oder wir können sie wesentlich mehr verschalen und auf diese Weise mit viel weniger Material stabil machen. Die Decke hat danach mindestens dieselbe Tragfähigkeit und es lassen sich bis zu 70 Prozent an Beton einsparen und damit auch Zement, einer der weltweiten Hauptemittenten, auf dessen Produktion sieben Prozent aller Emissionen entfallen – viel mehr als auf den gesamten weltweiten Flugverkehr. In organisatorischer Hinsicht wiederum gibt es neue Geschäftsmodelle, Stichwort Sharing Economy. Institutionell kommt es momentan zu einer Ökologisierung der Nationalbanken, das bedeutet, dass sich alle Nationalbanken weltweit dafür interessieren, wie sie ihre Politik auch zur Unterstützung der Klimaneutralität einsetzen können. Was persönliche Präferenzen und das eigene Verhalten angeht: Gerade die jüngere Generation wendet sich immer mehr vegetarischer und veganer Ernährung zu.

Die Klimaziele einzuhalten, wie auch die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen insgesamt, wird für uns alle von Vorteil sein, ermöglicht erst ein „gutes Leben für alle“. Dies wird Veränderungen in unserem Alltag mit sich bringen. Statt darauf mit Sorge zu blicken, gilt es gemeinsam Zukunftsbilder zu entwickeln, aus denen heraus wir als Gesellschaft die Kraft schöpfen, die Barrieren, die einer solchen Veränderung entgegenstehen, zu überwinden. Mit der jungen und jüngsten Generation dazu zu arbeiten, kann wohl wesentliche Energiequelle und Antrieb dafür sein.

 


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