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Was Kinder von ihren Eltern brauchen, wenn sie krank sind

von Dr. med. Sibylle Mottl-Link

Elternbildung
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Einmal Pusten und der Schmerz ist weg! Was so unglaublich wie ein Märchen klingt, funktioniert tatsächlich und ist sogar wissenschaftlich erwiesen. Doch was genau hilft da eigentlich? Der kühlende Luftzug über die Wunde? Wohl eher nicht!

Wie reagiert ein Kind, wenn es beispielsweise auf sein Knie stürzt und sich eine Schürfwunde zuzieht? Es schreit natürlich. Doch was passiert noch VOR dem Weinen und Jammern? Der allererste Reflex auf eine Verletzung ist Luft-Anhalten und Muskeln-Anspannen. In diesem ersten äußerst kurzen Moment des Innehaltens und der völligen Stille versucht das Kind einzuschätzen, wie schlimm der Schmerz und die Verletzung wirklich ist. Kinder verlassen sich bei dieser Bewertung instinktiv auf die Reaktion ihrer Eltern oder engen Bezugspersonen. Erschrecken diese also zutiefst oder kreischen womöglich sogar hysterisch, so wird auch das Kind diese Wertung übernehmen. Bleiben die Eltern jedoch entspannt und trotzdem zugewandt tröstend, ist der Schmerz – im wahrsten Sinne des Wortes – „wie weggeblasen“.

Was aber hilft, wenn Ärzte bei Kindern sogar Blut abnehmen oder Spritzen geben müssen?

Schmerzen verstärken sich durch Luft-Anhalten oder schnelle, zu flache Atmung und durch Verkrampfen der Muskulatur. Entspannung entsteht durch Ausatmen und Lockerlassen. Angst und Unsicherheit verhindern Entspannung. Stattdessen heißt die Zauberformel: Vertrauen aufbauen.

Vertrauen entsteht durch Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit.

Wenn also – wie tatsächlich in der Notaufnahme geschehen – eine Ärztin eine Spritze in der Hand hält, und die Mutter zu ihrem Kind sagt: „Ich lasse nicht zu, dass sie dir weh tut!“ Eine solche oder ähnliche Lüge durchschauen übrigens auch schon kleine Kinder sofort und das Vertrauen ist dadurch verspielt. Stattdessen hilft offene Ehrlichkeit. Hierbei sollte jeder noch so kleine Schritt erklärt und kommentiert werden, noch bevor er tatsächlich passiert. Dadurch entsteht Vorhersehbarkeit … und am Ende ist sogar ein Piks gar keine große Sache mehr.

(Einzelheiten und praktische Tipps sind in meinem Bilderbuch „Keine Angst vor dem kleinen Piks“ zu finden)

Nicht nur in Notfallsituationen, sondern auch bei Krankheiten aller Art hilft Vertrauen und Erklären. Auch Kinder verstehen mit geeigneter Literatur, wie der eigene Körper und beispielsweise das komplizierte Immunsystem funktioniert. Mein Bilderbuch „In meinem Körper ist was los“ ist vor allem deshalb so beliebt, weil es den Kampf der Körperpolizei mit den Krankheitserregern sehr vereinfacht und bildlich zeigt. Wenn Kinder verstehen, dass der Körper sich bei Husten, Durchfall oder Fieber nur selbst wehrt, dann ist das Kranksein viel leichter zu ertragen. Bilderbücher eigen sich also hervorragend dazu, mit dem Kind ins Gespräch zu kommen, Fragen zu beantworten, Ängste anzusprechen, und schon im Vorfeld darauf vorzubereiten, was im Krankheitsfall eigentlich passiert und was dann helfen kann.

Doch leider gibt es auch Krankheiten, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Auch bei chronischen Krankheiten oder gar Krebserkrankungen oder Tod naher Angehöriger können geeignete Kinderbücher beim Bewältigen helfen. Hierbei darf und soll gerne ausgesprochen werden, was die Kinder ja sowieso merken – nämlich, dass auch Erwachsene manchmal unsicher und ängstlich sind oder eben auch selbst nicht alles wissen. Diese Ehrlichkeit ist völlig okay, denn Kinder lernen am Beispiel ihrer Bezugspersonen, wie diese sich in schwierigen Situationen verhalten und sich im Zweifel professionelle medizinische Hilfe holen. Was kranke Kinder brauchen, lässt sich eigentlich ganz kurz zusammenfassen: Vertrauensvolle Zuwendung und offene Ehrlichkeit … und falls nötig medizinische Hilfe.

 


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