Was können Eltern von frühgeborenen Kindern von Mobiler Frühförderung und Familienbegleitung erwarten, wenn sie dieses Angebot der Frühen Hilfen (Frühe Hilfen sind institutionelle Angebote in Wien für Kinder mit Behinderungen und solche, die davon bedroht sind) von Kliniken und Institutionen empfohlen bekommen oder durch Folder und andere Informationsquellen auf uns stoßen?
Mobile Frühförderung und Familienbegleitung der Wiener Sozialdienste Förderung & Begleitung GmbH wendet sich an Kleinkinder mit Entwicklungsrisiko (z.B. Frühgeborene), Entwicklungsverzögerung und/oder Behinderung und an ihre Familien.
Speziell ausgebildete, pädagogische Fachkräfte, Mobile Frühförderinnen und Familienbegleiterinnen bieten Entwicklungsförderung und Familienbegleitung, im Rahmen von Hausbesuchen in der vertrauten Umgebung der Familie, an.
Es gibt vielfältige Ursachen, die zu einer Frühgeburt führen können und verschiedene Gründe, welche Auswirkungen eine Frühgeburt auf das einzelne Kind und ihre Familie haben kann.
Eltern, die sich für unser Angebot entschließen, kann die Unsicherheit oder Sorge um die weitere Entwicklung ihres Kindes zu uns führen, auch, wenn die Nachsorgeuntersuchungen einen positiven Entwicklungsverlauf erwarten lassen.
Viele Eltern haben die dramatischen Bilder von der Neonatologie im Kopf oder hören beunruhigenden Prognosen nachklingen.
In Zeiten des einfachen Zugangs zu Informationen über das Internet werden womöglich zusätzliche Ängste geschürt.
Oft bleiben diffuse Gefühle der Sorge auch, wenn Eltern erleichtert von Fachkräften hören, dass sich ihr Kind „im Rahmen der Frühgeburtlichkeit“ oder „korrigiert“ gut entwickelt und die Perzentillenkurven gut erklärt werden.
Manche Eltern, die nach einer gezielten Unterstützung suchen führt eine Entwicklungsverzögerung ihres frühgeborenen Kindes zu uns. Ihr Kind zeigt aufgrund des schwierigen Lebensbeginns, Verzögerungen in einem oder mehreren Entwicklungs-bereichen.
Manche Familien suchen unsere Institution auf, wenn ihr Kind aufgrund der zu frühen Geburt und den daraus resultierenden medizinischen Risiken, eine Behinderung davongetragen hat.
Was können wir Familien anbieten, deren Bedürfnisse, Erwartungen und Ausgangslagen so verschieden scheinen?
Unsere wöchentlichen Hausbesuche schaffen eine andere Situation, als eine ambulante Betreuung. Besonders frühgeborene Kinder und ihre Familie haben oft einen mehrwöchigen, nicht selten einen mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt hinter sich. Selbst nach der Entlassung bestimmen oftmals regelmäßige Kontrolluntersuchungen oder Therapiebesuche den Alltag.
Die Arbeitsweise der Mobile Frühförderung und Familienbegleitung nimmt alle Entwicklungsbereiche des Kindes in ihrer wechselseitigen Bezogenheit, eingebettet in das System Familie, in den Blick.
Entwicklungsförderung des Kindes
Wir bieten ein individuelles Förderkonzept. Unsere pädagogische Haltung sieht das Kind als Akteur seiner Entwicklung, das sich in seinem eigenen Tempo erprobt und am Spielen Freude zeigt. Es erhält die Möglichkeit Eigeninitiative zu zeigen und sich als selbstwirksam zu erleben.
Die Frühförderin bietet sich dem Kind als Interaktionspartnerin an und stellt Spielmaterial zur Verfügung, um alle Entwicklungsbereiche und Sinne anzusprechen und zu stimulieren. Diese vielseitigen Angebote unterstützen die Erweiterung der kommunikativen bzw. sprachlichen Fähigkeiten, fördern die sensomotorische Wahrnehmung und stärken die sozialen und emotionalen Kompetenzen, die die Selbstregulation des Kindes positiv beeinflussen.
Der regelmäßige Austausch von Beobachtungen zwischen Eltern und Frühförderin über gemeinsame Spielsituationen und Alltagsgeschehnisse trägt viel zur Sensibilisierung für die Bedürfnisse des Kindes bei. Die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Entwicklungsschritten des Kindes regt auch die Nutzung von Ressourcen und Schaffung von notwendigen Entwicklungsbedingungen an. Wir begleiten und unterstützen die Eltern, die Handlungen und das Verhalten ihres Kindes besser zu verstehen, um adäquat und feinfühlig zu interagieren.
Jedes Förderkonzept ist individuell an die Bedürfnisse und die Möglichkeiten des jeweiligen Kindes und seiner Familie angepasst und hat das Ziel, jene Kompetenzen zu stärken, die ihnen einen selbständigen und selbstbestimmten Umgang mit ihrer Lebenssituation erlauben.
Familienbegleitung besteht im Wesentlichen darin, die Eltern / Bezugspersonen in ihrer persönlichen Auseinandersetzung und Befindlichkeit zu begleiten und diesen beratend zur Seite zu stehen. Wir nehmen die uns anvertrauten Ängste und Sorgen ernst und geben Raum und Zeit, belastende Gefühle auszusprechen.
Zu unterschiedlichen Zeiten im Betreuungsverlauf oder immer wiederkehrend, kommen die meisten Mütter von frühgeborenen Kindern, auf die Zeit rund um die Geburt zu sprechen. Für viele Frauen ist diese Erinnerung sehr schmerzlich, aufwühlend und präsent. In diesen Schilderungen wird die Ohnmacht, das Aushalten müssen wiederkehrender Rückschläge und die quälende Angst um das kleine Wesen, das sie sich anders vorgestellt haben, spürbar.
Oft werden auch Schuldgefühle ausgesprochen – zu glauben, die Verursacherin der zu frühen Geburt gewesen zu sein, sich um die anderen Kinder (bei Geschwistern), während dieser Zeit zu wenig gekümmert zu haben oder das in Frage stellen der Beziehung zum Partner, weil der Umgang mit dieser krisenhaften Situation, unterschiedlich war.
Alleinerzieherinnen berichten über ihre Einsamkeit und ihre Überforderung, alles alleine tragen zu müssen.
Auch die Zeit nach der Entlassung vom Krankenhaus, ist vielen Eltern lebhaft in Erinnerung: Als Spannungsfeld zwischen Freude und Erleichterung, weg von der Fremdbestimmtheit zu sein und der Herausforderung, der kompletten Übernahme von Verantwortung und Versorgung für ihr vulnerables Baby.
Viele, der von uns betreuten Eltern, hätten sich in dieser sensiblen Phase bereits die Unterstützung von der Mobilen Frühförderung und Familienbegleitung gewünscht, sind jedoch erst später auf unser Angebot aufmerksam geworden oder mussten auf den Betreuungseinstieg warten.
Sehr hilfreich wird unsere Vernetzung mit anderen Institutionen von Eltern mit frühgeborenen Kindern erlebt. Mit dem Einverständnis der Eltern arbeiten die Frühförderinnen mit den sozialen, medizinischen, pädagogischen und therapeutischen Einrichtungen zusammen oder stellen erste Kontakte her.
Neben dem emotional unterstützenden Beziehungsangebot und dem bindungsorientierten, pädagogischen Fachwissen im frühkindlichen Bereich, bietet die Mobile Frühförderung und Familienbegleitung Beratung und Information in sozialrechtlichen und finanziellen Belangen durch unsere Sozialarbeiterinnen an.
Unser Angebot steht, nach erfolgter Bewilligung durch den Fonds Soziales Wien, kostenfrei für alle Familien, die in Wien wohnen, zur Verfügung.
Die Anmeldung erfolgt über das Sekretariat der Mobilen Frühförderung Tel. 01/98121/3720 von Montag – Freitag in der Zeit von 8:00 – 14:00.
Barbara Tüchler
Heilpädagogin (Universität Wien), Multimediale Kunsttherapeutin (ÖAGG), Bindungsbasierte Beratung und Therapie (K.H. BRISCH) Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Selbständig in heilpädagogischer Praxis: https://www.heil-paedagogik.at/
Landesklinikum Mödling, Frühgeborenenstation, Konsiliarkraft
Gewinnerin des heilpädagogischen Förderpreises 2020
Heilpädagogin Wiener Sozialdienste – Zentrum für Entwicklungsförderung, 1200 Wien, Mitarbeit WIENET https://www.wienersozialdienste.at/
Entwicklungsförderung von Frühchen
Bei Frühgeborenen von einem „erhöhtem Entwicklungsrisiko“. Das ist auch der Grund, warum betroffenen Familien Begleitung und Unterstützung – v.a. in den ersten Lebensmonaten – angeboten wird.
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