Beim Neugeborenen ist es noch einfach. Angeborene Präferenzen und biologische Regulationsmechanismen bestimmen das Ernährungsverhalten. Die Vorlieben der Eltern zeigen auch Wirkung beim Kind. Doch spätestens mit Eintritt in den Kindergarten hat auch das soziale Umfeld Mitspracherecht beim Gesundheitsverhalten. Im Jugendalter sind die Einstellungen bereits relativ „widerstandsfähig“ und zu Überzeugungen geworden. Die in der Kindheit geprägten Ernährungstypologien bleiben häufig lebenslang bestehen und werden am ehesten in biographisch sensiblen Phasen (erstes Verlieben, die Geburt eines Kindes, Krankheit u.ä.) tiefgreifend verändert. Es scheint einfacher zur sein im Alter eine neue Fremdsprache zu erlernen, als lebenslang erworbenes Gesundheitsverhalten zu verändern. Essen lernen kann nicht früh genug beginnen.
Mehr statt weniger
„Was häufig gegessen wird, wird auch gerne gegessen“ damit ist gemeint, dass Geschmack durch Gewohnheit trainiert werden kann. Kaum jemand findet Kaffee beim ersten Schluck als unverzichtbares Geschmackserlebnis, aber durch oftmaliges probieren in verschiedenen Varianten, wird er durchaus für viele zum Genuss. Genauso müssen Kinder bei vielen Lebensmitteln erst auf den Geschmack kommen. Dabei ist es durchaus sinnvoll verschiedene Zubereitungsarten auszuprobieren. So werden rohe Tomaten oft schlecht akzeptiert, im gebratenen Zustand allerdings dann gerne gegessen. Kinder mögen es einfach und bunt! Gerade Gemüseverweigerer lassen Mischgemüse eher links liegen, als wenn Erbsen und Karotten getrennt am Teller liegen.
Kinder sind in der Auswahl von Lebensmittel oft wochenlang mit einem eintönigen Angebot zufrieden. Wenn Celina gefragt wird, was sie essen möchte, ist die Antwort: „Pizza“. Celinas Mutter weiß das, und gibt daher die Möglichkeiten vor. „Möchtest du lieber Nudeln mit Thunfischsauce oder gefüllte Paprika mit Kartoffeln“, lautet das Angebot. Kinder sind mit offenen Fragen oft überfordert, weil sie keine Grenzen zur Orientierung erkennen können. Durch Grenzen erweitert sich der Handlungsspielraum, auch wenn das paradox klingen mag. Auch Dominiks Mutter bedient sich eines „Tricks“ um ihn zum Salatessen zu bewegen. Sie stellt ihn eine Schüssel Salat hin mit den Worten „kannst schon anfangen, das andere dauert noch ein bisschen“. Nachdem Dominik schon hungrig ist, isst er bereitwillig seinen Salat.
Essen ist weder Belohnung noch Strafe
Dass sich Süßigkeiten nicht wirklich als Belohnung eignen hat sich mittlerweile schon herumgesprochen. Doch auch wenn zuerst das Gemüse gegessen werden muss, damit es noch eine Nachspeise gibt oder später ein Eis, lernt das Kind, dass Gemüse die „Strafe“ ist und man dafür belohnt wird, diese zu essen.
Extrawünsche sind erlaubt
Kinder wissen sehr genau, was sie wollen und müssen Autonomie und Individualität erproben dürfen. Das Einzige, was Kinder durch zu starken Druck am Esstisch lernen ist dass Essen mit Druck, Verzicht und schlechtem Gewissen verbunden ist. Machen Sie nicht jede Mahlzeit zum Thema. Es ist kein Drama, wenn Ihr Kind das Gemüse nicht essen will, oder Schokolade nach Hause bringt.
Wiederholungstäter zu neuem locken
Kinder haben eine erstaunliche Ausdauer, wenn es um die Speisenauswahl geht. Kinder wählen gerne Speisen, von denen sie mit Sicherheit wissen, dass sie ihnen schmecken. Lassen Sie dennoch ihr Kind immer wieder von anderen Speisen kosten, damit es die Chance hat, auch andere Geschmacksrichtungen für sich zu entdecken. Oft stecken hinter heiklen Kindern auch wählerische Eltern. Finden Sie gemeinsam zum Genuss. Statt den eben an der Supermarktkasse gekauften Schokoriegel auf dem Weg zum Auto zu verschlingen – legen Sie eine kleine Pause ein und genießen Sie gemeinsam wie die Schokolade langsam in ihrem Mund schmilzt und wie sich der cremige Geschmack verändert.
Gemeinsam essen ist cool
In der EAT-Studie (Eating Among Teens) gibt die Mehrheit der befragten Jugendlichen an, dass sie gerne gemeinsam mit anderen essen. Doch 35 % der männlichen Teenager und 49 % der Mädchen fehlt die Zeit sich mit anderen gemeinsam zum Essen hinzusetzen. Diejenigen, die sich Zeit für ein gemeinsames Essen mit Familie oder Freunden nehmen, haben signifikant mehr Obst und Gemüse auf dem Teller, während diejenigen die im Gehen essen, mehr Softdrinks und Fast Food am Kalorienkonto haben. Die Mehrheit der Teenager wünscht sich gemeinsame Essen. Dieser Wunsch sollte nicht nur aus ernährungsphysiologischen Gründen Beachtung bei Eltern finden. Familienessen spielen auch eine bedeutende Rolle, um ein ungesundes Gewichtskontrollverhalten bei Jugendlichen zu vermeiden. Nicht nur die Frequenz auch die positive Stimmung beim gemeinsamen Essen spielt aber eine Rolle. Lassen Sie Konflikte nicht mitessen! Konflikte sind normaler Bestandteil unseres Lebens und damit auch Familienlebens. Doch wenn die schlechten Noten immer beim Essen besprochen werden, wird das gemeinsame Essen bald der Vergangenheit angehören.
Selber kochen
„Erkläre mir, und ich werde vergessen, zeige mir, und ich werde mich erinnern, beteilige mich, und ich werde begreifen.“ Die Grundbegriffe der Nahrungszubereitung sollten zu Fertigkeiten zählen, die Sie Ihrem Kind auf seinen Lebensweg mitgeben. Aber auch die Planung und das Einkaufen gehören dazu. Es darf auch mal etwas daneben gehen. Auch wenn sich anfangs das Küchenchaos einstellt, wird irgendwann das eigene selbst gekochte Essen am Tisch stehen. Wer kocht, muss (oder darf) auch beim Küche aufräumen helfen. Neugier und Mitarbeit machen fettige Finger und bekleckerte Kleider – das ist einfach so.
Mariella Lahodny, MSc
Mag. Mariella Lahodny, MSc
Betriebswirtin und Ernährungswissenschafterin
Seit 2011 selbstständige Ernährungswissenschafterin mit dem Unternehmen Bubble Foods e.U.
Schwerpunkte: Kinder- und Babyernährung, Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit
office@bubblefoods.at
www.bubblefoods.at
Bunt und lustig – und gesund! Tipps für die kreative Kinderjause!
Mit einem langweiligen Käsebrot oder einem Wurstsemmerl, wo das obligatorische Gurkerl bereits die halbe Semmeloberseite in ein schwabbeliges Etwas verwandelt hat, lässt sich kaum ein Kind beeindrucken. Auch aus ernährungswissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei diesen beiden Pausenklassikern nicht gerade um eine ideale Kinderjause.
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