Spielen ist die Haupttätigkeit junger Kinder. Die Spielforschung geht davon aus, dass Kinder in ihren ersten sechs Lebensjahren rund 15.000 Stunden spielen – es lohnt sich also, dem Spiel der Kinder sehr viel Aufmerksamkeit zu schenken.
Das Spiel ist deshalb so wertvoll für die Entwicklung der Kinder, weil es eine von ihnen selbst gewählte Tätigkeit ist, der sie mit höchster Freude, Motivation und Aufmerksamkeit nachgehen.
Spielen ist „zweckfrei“ und findet um seiner selbst willen statt. Im freien, lustvollen Spiel folgen Kinder unabhängig von äußeren Zwängen und Erwartungen ihren eigenen Bedürfnissen, Interessen und Ideen. Erwachsene kennen das Gefühl, das dabei entsteht – den sogenannten „flow“ – beispielsweise aus dem Sport oder aus der Beschäftigung mit Musik. Im Spiel bringen Kinder ihre Gedanken und Gefühle spontan ein und erproben Verarbeitungsmöglichkeiten. Aufmerksam beobachtende Erwachsene können dabei die wichtigsten Themen, die Kinder aktuell beschäftigen, erkennen und in ihrer Beziehung zu den Kindern darauf eingehen.
Im Spiel setzen sich Kinder aktiv und intensiv mit sich selbst und ihrer Umwelt auseinander. Das Spiel bietet daher ideale Voraussetzungen für erfolgreiche Lernprozesse in allen Bereichen der kindlichen Entwicklung:
- Die Kinder entwickeln im Spiel ihre Identität und ihre Persönlichkeit weiter. Sie erwerben Wissen über ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten, aber auch über ihre Grenzen. Soziale und sprachliche Kompetenzen, wie Rücksichtnahme, Zusammenarbeit mit anderen, Zuhören und Aushandeln von Regeln helfen den Kindern dabei, zwischenmenschliche Beziehungen zu gestalten. Treten Konflikte auf, können im Spiel unterschiedliche Lösungsstrategien erprobt werden.
- Zahlreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten, die wichtig für eine erfolgreiche Lebensgestaltung sind, entspringen intensiven Spielerfahrungen. Durch das aktive Tun im Spiel lernen Kinder die Welt, in der sie leben, immer besser kennen und erweitern ihr ganz persönliches Weltwissen Stück für Stück. Das umfasst z.B. das Wissen über Gegenstände oder Materialien und ihre Funktionsweise oder das Erlernen neuer Begriffe. Vor allem aber wird die Alltagskompetenz – also die Fähigkeit, alltägliche Herausforderungen zu verstehen und zu bewältigen – im Spiel gestärkt. Besonders beim Rollenspiel widmen sich Kinder ja bevorzugt Themen, die mit ihren alltäglichen Erlebnissen zu tun haben, sei es Einkaufen, Familienbeziehungen oder Erfahrungen rund um Arztbesuche.
Im Spiel erwerben Kinder eine Fülle an elementaren Voraussetzungen für ihre gesamte Bildungslaufbahn, wie etwa Konzentrationsfähigkeit, Kreativität und Selbstständigkeit. Beim Bauen oder Konstruieren sind z.B. Abstraktionsvermögen und logisches Denken gefordert, beim Kaufladenspielen mathematische Fähigkeiten. Regelspiele verlangen ein hohes Maß an Anstrengungsbereitschaft und Frustrationstoleranz, die häufig erst im Volksschulalter erworben werden.
Wie können Eltern eine hochwertige Spielumwelt für ihre Kinder schaffen, in der vielfältige Lernprozesse angeregt werden?
Besonders wichtig ist, dass Kinder über ausreichend Zeit verfügen, in der sie ihre Beschäftigung frei von äußeren Zwängen oder Erwartungen selbst wählen dürfen. Das gilt natürlich auch für Kinder im Schulalter, deren Freizeit häufig schon recht „verplant“ ist! Spielzeug sollte so ausgewählt werden, dass es die Fantasie und Kreativität der Kinder möglichst anregt und nicht einengt.
Oft bevorzugen Kinder für ihre Spiele sogar scheinbar „wertloses“ Material, das aber auf vielfältigste Weise eingesetzt werden kann. Auch Gegenstände des Alltags sind wertvolle Spielmittel. Vor allem aber sollten Eltern dem Spiel ihrer Kinder echtes Interesse entgegenbringen und dadurch Selbstvertrauen und Kreativität der Kinder stärken. Nicht zuletzt ist das gemeinsame Spiel für Eltern und Kinder jeden Alters immer wieder eine Quelle von Freude und Spaß!