Wenn es nach Problemen in der Elternbeziehung dann letztendlich doch zu einer Trennung kommt, stehen viele Eltern vor der wichtigen Frage, wie sie sich die Betreuung ihrer Kinder in Zukunft aufteilen möchten. Da es in Österreich nach wie vor keine gesetzliche Verankerung für ein Doppelresidenzmodell gibt, bei dem die Kinder möglichst zu gleichen Teilen bei Vater und Mutter leben, sieht die Praxis so aus, dass nach einer Trennung zu 95% die Kinder bei den Müttern leben und nur 5% bei den Vätern. Für viele Alleinerziehende kommt dieser Wechsel in eine völlig neue Lebenssituation sehr plötzlich und sie sind vor eine Reihe von Fragen gestellt, über die sie sich bis dahin meist noch nie Gedanken gemacht haben. Diese radikalen Veränderungen bewegen sich auf folgenden Ebenen:
Psycho-emotionale Situation
Je nach Gegebenheiten, je nach vorangegangener Beziehungskrise und Trennungsvorbereitung zeigen sich entweder Schocksymptome, wie psychosomatische Beschwerden, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen, Angstzustände etc. Es entsteht das Gefühl der Überforderung, der Situation nicht gewachsen zu sein, ein Gefühl der Hilflosigkeit, des Allein-gelassen-werdens in dieser schwierigen Situation, bei der das bisherige Leben aus den Fugen geraten ist und eine völlige Neuorientierung erforderlich ist. Gerade in dieser Situation, in der Betroffene meist aus dem emotionalen Gleichgewicht sind und ihre ganzen Kraftreserven für die Neuorganisation des Alltagslebens benötigen, wäre es wichtig, dass sie sich professionelle Unterstützung in Form von Beratungsgesprächen, Coaching oder Ähnlichem holen. Kostengünstige bzw. kostenlose Angebote gibt es in Wien beispielsweise in den Ehe, Familien- und Lebensberatungsstellen der Erzdiözese Wien (www.beziehungaufleben.at) oder den Eltern-Kind-Zentren der Gemeinde Wien (https://www.gesundheit.gv.at/service/beratungsstellen/gesund-leben/eltern-kind/eltern-kind-zentren.html).
Seit über 40 Jahren bietet die Kontaktstelle als einzige ausschließlich auf dieses Thema spezialisierte Beratungsstelle neben einmaligen Orientierungsgesprächen oder krisenbegleitenden mehrmaligen Begleitungsgesprächen, verschiedene Gruppen- und Vernetzungsangebote, wie den monatlichen Sonntagsbrunch oder die zweimonatlich stattfindenden Samstagstreffen. Denn gerade in herausfordernden Lebenssituationen ist es enorm hilfreich sich mit anderen Menschen in ähnlichen Lebenssituationen aus zu tauschen und so Halt und Orientierung durch die Gruppe zu erfahren.
Existentielle Lebenssituation
Mitunter sind Alleinerziehende und ihre Kinder gezwungen, ihre gesamte Lebenssituation grundlegend zu verändern, wenn beispielsweise die bisherige Wohnung dem anderen Elternteil gehört hat und nun eine neue Wohnung, neue Schul- und Kindergartenplätze etc. gesucht werden müssen. Darüber hinaus ändert sich meist auch das Haushaltseinkommen der Ein-Eltern-Familie drastisch, wenn der betreuende Elternteil beispielsweise Teilzeit arbeitet, für die neue Wohnung eine höhere Miete zu bezahlen ist oder die Unterhaltszahlungen zu gering sind oder gar nicht regelmäßig eintreffen. Darüber hinaus gilt es auch oft noch die Frage der eventuell gemeinsam aufgenommenen Versicherungen und Kredite zu klären. Besonders in diesen finanziellen und rechtlichen Fragen, beispielsweise auch der Obsorgeregelung, ist es von großer Wichtigkeit, sich fachlichen Rat und ausreichend Informationen ein zu holen, wie zum Beispiel bei den Beratungsstellen an den Bezirksgerichten, wo man sowohl eine Sozialarbeiterin, als auch eine Juristin gleichzeitig zu einem Informationsgespräch vor Ort hat. (www.beziehungaufleben.at – Beratung an den Gerichten).
Psychosoziale Situation
Für die Kinder, die ganz individuell auf die veränderte Lebenssituation reagieren können gibt es Rainbowsgruppen, in denen in altersgestaffelten Kleingruppen mit gruppenpädagogischen Methoden das Thema kindgerecht bearbeitet wird (www.rainbows.at).
Für Alleinerziehende ist es von enormer Wichtigkeit sich ein gutes soziales Netzwerk auf zu bauen. Sollten keine leiblichen Großeltern der Kinder zur Verfügung stehen, gibt es Leihomas auf Honorarbasis über den Katholischen Familienverband (www.familie.at/wien) oder Babysitterinnen über verschiedene Organisationen (www.betreut.at, www.babysitter24.at, www.hilfswerk.atoder www.flohmarkt.at).
Für familiäre Krisen – falls die Erziehungsberechtigte Person ins Spital muss – gibt es über die Caritas (www.caritas-wien.at) die Möglichkeit einer Familienhelferin oder wenn es um die Betreuung eines kranken Kindes geht, bieten Vereine wie www.kib.or.at oder www.kinder.wien.at Unterstützung gegen Bezahlung an.
Da alle diese Unterstützungsformen mit Kosten verbunden sind und viele Ein-Eltern-Familien nicht über die Ressourcen verfügen, sich diese regelmäßig oder auch nur im dringenden Notfall leisten zu können, hat die Kontaktstelle für Alleinerziehende seit 9 Jahren ein Projekt laufen, bei dem Freiwillige kostenlos alleinerziehende Elternteile bei der Alltagsbewältigung unterstützen. Der Bedarf an dieser Unterstützungsform ist enorm groß, andererseits ist es nicht ganz so einfach genügend Freiwillige, die auch die persönliche Eignung mitbringen, für diese verantwortungsvolle Aufgabe zu finden. Derzeit sind 9 Freiwillige im Rahmen dieses Projektes mit Erfolg tätig; für die Familien gibt es eine Warteliste. Die Voraussetzungen, um an dem Projekt teil zu nehmen, sind auf der Homepage: www.alleinerziehende.at nach zu lesen.
Darüber hinaus ist es empfehlenswert, sich auch in der unmittelbaren Nachbarschaft um gute Kontakte zu bemühen, sodass auch dort einmal im Notfall Hilfe rasch zur Stelle ist. Eine Übersicht über alle Gruppen- und Workshopangebote der Kontaktstelle finden Sie auf der Website: www.alleinerziehende.at, wo sie sich auch für den sehr informativen monatlichen Newsletter direkt anmelden können. Aber auch in Eltern-Kind-Zentren, wie dem Nanaya (www.nanaya.at) oder der Bassena 10 (www.bassena10.at) werden spezielle Alleinerziehertreffen angeboten. Dort kann man Menschen in ähnlichen Lebenssituationen kennenlernen, im Idealfall entwickeln sich auch Freundschaften und die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen.
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