Für Jugendliche besteht kein Unterschied – zwischen der Online- und der Offline-Welt. Was online und was offline passiert, gehört zusammen, wird nicht unterschieden und ist beides gleich relevant. So ist zu erklären, dass es zu Phänomenen kommen kann, die Erwachsene kaum nachvollziehen können: „Mit jemandem gehen“, den man nur aus der Online-Welt kennt oder per WhatsApp Schluss machen.
Die erste Liebe findet also online, wie offline statt. Auf welche Aspekte Eltern achten sollen, wenn sie ihre Kinder in der Phase der Adosleszenz begleiten, soll hier aufgezeigt werden:
Jemanden online kennen lernen
Auch wenn Jugendliche in der Regel kaum klassische Dating-Plattformen nutzen, so lernen sie doch am laufenden Band neue Leute online kennen. Das können potenzielle Liebes-PartnerInnen sein, aber auch Freunde, mit denen die Jugendlichen durch dick und dünn gehen können („BFF“). Instagram, Snapchat oder Tiktok – also die genutzten Sozialen Netzwerke – sind dabei die Orte, wo neue Leute getroffen werden. Immer wieder tauchen auch kurzfristige Online-Erscheinungen auf, wie anonyme Videochats, wo Teilnehmende mit zufälligen Personen in einem Videochat zusammengespannt werden. Bei jüngeren Kinder sind auch Online-Spiele ein Ort, an dem sie neue Leute kennen lernen.
Wer sind die anderen? Bauchgefühl und „Tests“
Je jünger die Kinder sind, desto weniger sind sie in der Lage, die Personen im Internet abzuchecken und neigen eher dazu, alles zu glauben, was ihnen geschrieben oder gesagt wird. Je älter, desto mehr haben die Jugendlichen schon ein entsprechendes Bauchgefühl ausgebildet, ob und wer das „Online-Gegenüber“ denn wirklich sein könnte. Sie haben auch schon ihre ganz persönlichen Methoden entwickelt, mit denen sie neue Bekanntschaften „testen bzw. welche Fragen sie da stellen können. Wenn beispielweise die Frage nach einem Videochat immer verwehrt wird (Kamera kaputt, meine Eltern erlauben es nicht…) dann sei Skepsis angebracht, meint eine erfahrene Jugendliche. Wenn Fotos verlangt werden, die speziell seien, aber das Gegenüber selbst keine auf Aufforderung schickt, dann wird der Chat abgebrochen, meint die Jugendliche. Weil, das sei dann komisch und es zahle sich nicht aus, weiter zu machen. Und damit hat die Jugendliche auch sicher recht, denn die Erfahrungen zeigen, dass potenzielle Erpresser von Nacktfotos von Kindern und Jugendlichen sich auf jene Kinder und Jugendliche konzentrieren, wo sie sich mit wenig Aufwand viel erhoffen können. Starke Jugendliche mit einem eigenen Kopf verfügen meist über eine wichtige Basis zum Schutz eben solcher „Gefahren“.
Blind Date und Familienregeln
Für viele der Jugendlichen wird es irgendwann spruchreif und sie wollen die neuen Bekanntschaften aus dem Internet auch im echten Leben treffen. Merkt man als Eltern, dass dies bevorstehen könnte, so ist angeraten, mit den Kindern regelmäßig über das Thema zu reden: wer sind denn die neuen Freunde? (dies am besten so wertfrei, wie es auch bei neuen KlassenkameradInnen passieren würde). So ist die Online-Freundschaft zu Hause schon eingeführt und „bekannt“ und es wird leichter, eine ganz wichtige Familienregel einzuhalten: Beim ersten Blind Date geht jemand Erwachsener mit. Das passiert nicht alleine im Verborgenen, sondern Eltern (oder andere erwachsene Verwandte, es kann ja auch Onkel/Tante sein), geht mit und das Treffen wird miteinander geplant. Es findet an einem öffentlichen Ort statt und es wird ein Kennzeichen vereinbart, mit dem man sich als Erwachsener einschalten soll – quasi ein vereinbarter Hilferuf. Es wird weiters vereinbart, wie lange das Treffen gehen kann und wo man sich dann wieder trifft (bei welchem Tor des Einkaufszentrums um welche Uhrzeit).
Dies bedarf viel an Vertrauen der Jugendlichen zu ihren Eltern und umgekehrt. Die Jugendlichen müssen sich sicher sein, dass ihre erwachsenen Begleitpersonen sich nicht ungefragt einschalten und die erwachsenen Begleitpersonen müssen sich sicher sein, dass sich die Kinder an die Vereinbarungen halten. Gibt es dieses Vertrauen, so können die Treffen in Ruhe stattfinden – sie sind für die betroffenen Jugendlichen schon aufregend an sich.
Online-Bekanntschaften verbieten?
In Elternabenden sprechen immer wieder Eltern an, dass sie am liebsten solche neuen Online-Bekanntschaften ihrer Kinder verbieten möchten. Sie hätten gerne, dass ihre Kinder einfach mit niemandem Kontakt haben, den sie nicht aus „dem echten Leben“ kennen. Doch dies ist eine für die Jugendlichen nicht realisierbare Forderung. Erstens lernen sie online zu viele Personen kennen und zweitens wird es im Laufe ihrer Entwicklung einfach zu interessant, das Spektrum in der Schule und Wohnung mit vielleicht wirklich interessanten Personen zu ergänzen.
Verbieten macht also wenig Sinn. Wichtiger ist die Begleitung und die Unterstützung in der Bewertung. Dazu zählt die Entwicklung eines entsprechenden Bauchgefühls und der Fähigkeit, auch mit einfachen Fangfragen hinter die Absichten von Personen zu kommen. Und es zählt auch dazu, dass die Kinder lernen „Nein“ zu sagen. Und im Zweifelsfall ihre Eltern oder erwachsenen Bezugspersonen fragen können, ohne dass diese in Panik ausbrechen. Denn Panik und Angst ist hier kein guter Ratgeber.
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