Studien zeigen, dass sich Kinder aus Regenbogenfamilien in ihrer Entwicklung kaum von Kindern aus anderen Familienformen unterscheiden.
„Denkt ihr denn gar nicht daran, wie es dem Kind gehen wird?“ – diese Frage haben einige Regenbogenfamilien gehört, wenn sie darüber sprachen, vielleicht doch wirklich ein Kind zu bekommen. Diese Frage kommt von FreundInnen und wohlmeinenden in Sozial- und Bildungsberufen tätigen Menschen. Deswegen regt sie auch tatsächlich dazu an, sich die Idee ein Kind zu bekommen nochmal gut zu überlegen. Und das ist auch schon ein wichtiger Punkt: Kinder, die in Regenbogenfamilien hinein geboren werden, sind Wunschkinder und ihre Eltern haben sich lange Gedanken über die Familiengründung gemacht. Die Besorgnis wird manchmal auch näher ausgeführt und dreht sich um die Fragen: Fehlt die männliche Erziehungsperson bei lesbischen Eltern? Können Väter alleine Kinder erziehen? Werden die Kinder aus Regenbogenfamilien homosexuell? Und vor allem: werden die Kinder aus Regenbogenfamilien in Schule und Freizeit gemobbt? Diese Fragen können in direktem Gespräch mit Regenbogeneltern und Beratungsstellen (z.B.: bei Famos im Regenbogenfamilienzentrum Wien) besprochen werden. Mittlerweile gibt es aber auch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zur Situation der Kinder in Regenbogenfamilien und eine Reihe von Sachbüchern, Kinderbüchern, Romanen und Filmen, die das Thema aufgreifen.
Sowohl die Langzeitstudien aus USA, die Überblicksstudien aus Australien als auch die Studien der deutschen Familienforschung zeigen einstimmig vor allem eines: Kinder aus Regenbogenfamilien unterscheiden sich in ihrer emotionalen, psychischen, sozialen und intellektuellen Entwicklung nicht von Kindern aus anderen Familienformen. Gleichgeschlechtliche Eltern wählen häufiger gleichberechtigte, flexible und demokratische Erziehungsformen und zeichnen sich durch Fürsorglichkeit und Zugewandtheit aus. Die Aufteilung der Haushaltstätigkeiten folgt eher Interessen und Können als herkömmlichen Geschlechterrollen. Die Studien stimmen darin überein, dass Kinder aus Regenbogenfamilien oft ein hohes Selbstbewusstsein und hohe soziale Kompetenz haben. Sie werden nicht häufiger lesbisch oder schwul als andere Kinder, gehen aber reflektierter mit sozialen Unterschieden und sexueller Identität um.
Bleibt die Diskriminierung. Aber auch hier gibt es offenbar keine Probleme: die Mehrheit der in Studien interviewten Kinder hat keine soziale Diskriminierung aufgrund der Familiensituation erlebt. Natürlich gibt es Situationen, die für Kinder aus Regenbogenfamilien speziell und eventuell unangenehm sind. Für die Kinder ist ihre Familie ihre richtige Familie, sind Mama und Mami oder Papa und Daddy die Eltern. Für ihre ersten Freunde und Freundinnen am Spielplatz und im Kindergarten ist das kein Thema. Regenbogeneltern wissen, dass sie immer und überall geoutet werden, sobald ihre Kinder sprechen können. Hinterfragt wird die Familie nur von außen und ungläubiges Zurechtweisen ist leider möglich. Deshalb ist es wichtig in der Öffentlichkeit präsent zu sein und darauf hinzuweisen, dass Regenbogenfamilien Teil der österreichischen Lebensrealität sind. Regenbogeneltern haben hier eine Extraaufgabe zu bewältigen. Um sie und ihre Familienarbeit bestmöglich zu unterstützen ist Aufklärung und Aus- und Weiterbildung für alle Sozial-, Bildungs- und Betreuungsberufe wichtig.
Am allerwichtigsten für das Kindeswohl ist, dass die Eltern eine positive Einstellung zu ihrer eigenen Identität haben. Vernetzung und Austausch unter Regenbogenfamilien kann dabei helfen, das spannende Abenteuer Familie gut vorbereitet anzugehen und die Herausforderungen bestmöglich für die Kinder zu meistern.
Literatur zum Thema:
Caprez, Christina (2012). Familienbande. 15 Porträts. Zürich: Limmat.
Crouch, Simon, Waters E, McNair R, Power J and Davis E (2014). Parent-reported measures of child health and wellbeing in same-sex parent families: a cross-sectional survey. BMC Public Health 14:635.
Funcke, Dorett, Thorn, Petra (2010). Die gleichgeschlechtliche Familie mit Kindern. transcript.
Gartrell, Nanette, Bos, H., & Koh, A. (2018) National Longitudinal Lesbian Family Study—Mental Health of Adult Offspring, New England Journal of Medicine 379:3.
Gerlach, Stephanie (2013). Regenbogenfamilien. Ein Handbuch. Berlin: Querverlag
Irle, Katja (2014). Das Regenbogenexperiment. Sind Schwule und Lesben die besseren Eltern? Weinheim: Beltz
Nay, Yv E. (2017). Feeling Family: Affektive Paradoxien der Normalisierung von ‚Regenbogenfamilien‘. Wien: Zaglossus
Rauchfleisch, Udo (2005). Regenbogenfamilien – ganz normal anders. In: Familien- und Sozialverein des LSVD (Hg.): Regenbogenfamilien – Eine Familie ist eine Familie ist eine Familie. 77-99. Köln.
Rupp, Martina, Becker-Stoll, F., Beckh, K., Bergold, P., Dürnberger, A., Rosenbusch, K. (2009). Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Köln.
Sacher, S. (2008). Regenbogenfamilien. Die psychische Entwicklung von Kindern homosexueller Eltern, München: GRIN.
Streib-Brzic, Uli, Stephanie Gerlach (2015). Und was sagen die Kinder dazu? Zehn Jahre später! Neue Gespräche mit Töchtern und Söhnen lesbischer, schwuler und trans* Eltern. Berlin: Querverlag
Thiem, M. (2011). Queerkids – Die Lebenssituation und Entwicklung von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, München: GRIN.
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